Restaurierungstechniken Februar 2010
Zunächst nahm Emma Jacobs nur einen muffigen Geruch wahr. Wenige Wochen später sah sie die ersten schwarzen Ablagerungen in den Ecken ihres Wohnzimmers. Ein Fachmann bestätigte ihre Befürchtungen: In den Räumen ihres Fachwerkhauses hatte sich Schimmel gebildet. Er war entstanden, weil Familie Jacobs die Wände mit Styroporverbundplatten nachträglich gedämmt und diese mit Raufasertapete sowie einer kunststoffhaltigen Dispersionsfarbe zusätzlich beschichtet hatte.
"Wir wollten Heizkosten sparen und keine Energie verschleudern", sagt Emma Jacobs. Sie folgten damit in der Konsequenz Empfehlungen zur Reduktion des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid (CO2), die das erste Mal 1997 im Protokoll der Klimaschutzkonferenz im japanischen Kyōto völkerrechtlich verbindlich festgeschrieben worden waren.
In Deutschland fanden die Richtlinien Einzug in die Energieeinsparverordnung (EnEV) für Wohn- und Bürogebäude, die 2002 in Kraft trat und 2007 sowie 2009 novelliert wurde. Mit der EnEV 2007 brachte man einen Energieausweis auf den Weg, der Auskunft über den gemessenen Energieverbrauch beziehungsweise den errechneten Energiebedarf in Gebäuden gibt. Zusammen mit dem Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz, der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland, der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege sowie der Bundesstiftung Umwelt wirkte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz darauf hin, dass Denkmale davon ausgenommen werden.
Die Denkmalpfleger begrüßen, dass denkmalgeschützte Gebäude nach energetischen Gesichtspunkten saniert werden sollen - bieten sie doch in der Gesamtenergiebilanz durchweg gute Werte. Jedes Denkmal muss jedoch individuell behandelt werden. "Unser Ziel im denkmalpflegerischen Alltag", sagt Dr. Roswitha Kaiser vom Amt für Denkmalpflege in Westfalen, "ist der Kompromiss, der in der Abwägung der unterschiedlichen Belange, auch in der Diskussion um den Klimaschutz, beim Kulturdenkmal gefunden wird." Wenn jedes historische Backsteinhaus von außen gedämmt würde und damit seine Fassadengestaltung verlöre, würde sich der Charakter vieler norddeutscher Städte in Zukunft vollkommen verändern.
Über verschiedene Forschungsprojekte versucht man zu klären, wie ein Gebäude am besten nachträglich von innen gedämmt werden kann. Dazu gehört auch die Sanierung des Fachwerkhauses in Quedlinburg, Lange Gasse 7, bei der man ökologisch und bauphysikalisch optimierte, aber gleichzeitig denkmalverträgliche Energiekonzepte umgesetzt hat. Das barocke Gebäude war jahrelang unbewohnt gewesen, und die Feuchtigkeit hatte das Holz der Fachwerkkonstruktion so stark geschädigt, dass es abgerissen werden sollte.
Weil es sich aber um ein das Stadtbild prägendes Haus handelt, wurde es ab 2004 auch mit Unterstützung des Deutschen Fachwerkzentrums in Quedlinburg und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz saniert. Auf drei Geschossen entstanden fünf Wohnungen, die mit verschiedenen Dämm-, Schallschutz- und Heizvarianten ausgestattet wurden. Messungen der Feuchte- und Temperaturverhältnisse sowie eine Befragung der Mieter durch das Deutsche Fachwerkzentrum ergaben, dass vor allem Dämmschalen aus mineralischen Baustoffen gute Werte erzielen.
Auch für Bettina und Martin Krassuski stand außer Frage, das Alte Forsthaus in Poratz möglichst energieeffizient zu sanieren und dabei den Charakter zu erhalten. Weil das im 19. Jahrhundert errichtete Gebäude ebenfalls kurz vor dem Abriss stand, hatte es das Architektenpaar 2005 gekauft.
Um das Feldsteinmauerwerk des Forsthauses zu erhalten, wurde auch hier von innen gedämmt. Auf der Innendämmung der Hauswände, einem Blähton-Lehm-Gemisch, installierten Krassuskis eine Wandheizung. Die Bäder wurden zusätzlich mit Fußbodenheizung ausgestattet. Als dritte Heizquelle dient ein wassergeführter Kaminofen, der auch die Warmwasserversorgung unterstützt. Als Heizung wählten sie ein Niedrigtemperatursystem, das mit Erdwärme versorgt wird. Sie geben jährlich für die Heizkosten ihres Hauses, das eine Nutzfläche von 210 Quadratmetern hat, nur 500 Euro aus. Für die energieeffiziente und denkmalverträgliche Restaurierung des Alten Forsthauses wurden die Architekten 2009 mit dem Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege ausgezeichnet.
Die eindrucksvolle Sanierung der Boschetsrieder Siedlung in München-Sendling durch das Architekturbüro Koch und Partner wurde ebenfalls mehrfach prämiert. Die 1953-55 errichteten Häuser waren bereits in den 1980er Jahren modernisiert worden, wobei man das äußere Erscheinungsbild vollkommen verändert hatte. Erst danach wurde die Siedlung als wegweisende Nachkriegsarchitektur unter Denkmalschutz gestellt. Koch und Partner stellten bei ihrer 2006 abgeschlossenen Sanierung den Gestaltungsduktus der fünfziger Jahre wieder her. Durch ein mineralisches Wärmeverbundsystem, dreifach verglaste Fenster und weitere Maßnahmen gelang es ihnen gleichzeitig, den Energieverbrauch des Gebäudes um mehr als sechzig Prozent zu reduzieren, ohne das Denkmal zu verunstalten. Jeder Hausbesitzer kann bei der Förderbank KfW Zuschüsse und Kredite für Einzelmaßnahmen zur Energieeinsparung beantragen, unabhängig davon, ob es sich um ein eingetragenes Denkmal handelt oder nicht. Je mehr die Antragsteller dazu beitragen, den CO2-Ausstoß zu verringern, desto mehr Geld bekommen sie.
Bislang kann man für die energetische Sanierung von Baudenkmalen auch EU-Mittel erhalten. Ab dem 30. Juni 2012 sollen aber nur noch solche Maßnahmen gefördert werden, deren "Ergebnisse mindestens die Mindestanforderungen an die Energieeffizienz" erfüllen. "Dieser Passus", sagt Professor Dr. Gerd Weiß, Vorsitzender der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland, "würde zukünftig die Subvention von Maßnahmen an Baudenkmälern mit EU-Mitteln komplett ausschließen, da sie die energetischen Mindestanforderungen nicht im vollen Umfang erfüllen können." Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission die Verordnung überdenkt und historischen Wohngebäuden Sonderkonditionen einräumt.
Carola Nathan
Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
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Danke für die Infos zur energetischen Modernisierung. Ich denke darüber nach, mein Haus zu renovieren. Ich werde mich nach einem Bauunternehmer umsehen, der mir bei der energetischen Modernisierung und Renovierung helfen kann.
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