August 2009

Interview mit Dr. Dieter Tettenborn

Ehrenamtliches Engagement für den Denkmalschutz

MO: Herr Dr. Tettenborn, warum engagieren Sie sich ehrenamtlich für den Denkmalschutz?

Dr. Dieter Tettenborn: Baudenkmale als geschichtliche und kunsthistorische Zeugnisse unserer Vergangenheit haben mich schon seit vielen Jahren interessiert. Die Mitwirkung an ihrem Erhalt erschien mir nach dem Ende meiner beruflichen Tätigkeit in der pharmazeutischen Industrie als ehrenamtlich wirkender Ortskurator der Deutschen Stiftung Denkmalschutz eine lohnenswerte Aufgabe.

MO: Seit 2000 unterstützen Sie als Ortskurator die Anliegen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) auf regionaler Ebene. Zunächst in Wuppertal, dann sind sie nach Erfurt umgezogen, wo sie vor sechs Jahren wieder ein Ortskuratorium aufgebaut haben. Was genau macht ein Ortskurator?

Dr. Dieter Tettenborn: Die Mitglieder eines Ortskuratoriums unterstützen und begleiten auf lokaler und regionaler Ebene die Arbeit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) ihrer Satzung entsprechend mit eigenen Aktivitäten.

Das Erfurter Ortskuratorium informiert im Augustinerkloster über die Arbeit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, rechts im Bild: Dr. Dieter Tettenborn 
© Tettenborn
Das Erfurter Ortskuratorium informiert im Augustinerkloster über die Arbeit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, rechts im Bild: Dr. Dieter Tettenborn

Dazu gehört vornehmlich, die Bevölkerung für die Notwendigkeit zu sensibilisieren, das bauliche kulturelle Erbe zu schützen und zu bewahren. Bewusstseinsbildung allein reicht aber nicht: Durch die Pflege und Erweiterung der großen Unterstützergemeinde der Stiftung sollen auch die materiellen Voraussetzungen für die Durchsetzung dieser Ziele geschaffen werden. Die Möglichkeiten dafür hängen naturgemäß ganz erheblich von den lokalen Gegebenheiten, das heißt dem Stand- und Wirkort eines Ortskuratoriums, ab. Im geschichtsbewussten und an Baudenkmalen reichen Erfurt sind die Rahmenbedingungen recht günstig, und es bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten an, für die Anliegen des Denkmalschutzes und der DSD im Speziellen zu werben und zu informieren.

Die Vertretung der Stiftung in verschiedenen Gremien und bei offiziellen Anlässen gehört ebenfalls zu den Aufgaben eines Ortskurators. Eine der angenehmsten Pflichten ist dabei die Überbringung von Förderverträgen, das heißt die Übermittlung eines positiven Bescheids zur finanziellen Unterstützung eines Restaurierungsvorhabens in einer Art "Geldbriefträgerfunktion". So bin ich zum Beispiel am 15. August 2009 anläßlich eines Grundton-D Konzerts in der Oberkirche in Arnstadt und kann bei dieser Gelegenheit einen Fördervertrag übergeben.

MO: Welche besonderen Aktionen hat das Erfurter Ortskuratorium initiiert?

Dr. Dieter Tettenborn: Bald nach der Gründung unseres Ortskuratoriums 2003 haben wir begonnen, alle 18 Förderprojekte der DSD in Erfurt und der näheren Umgebung in Führungen und Vorträgen der Bevölkerung vorzustellen, um auf die Mitwirkung der DSD bei der Restaurierung dieser Gebäude hinzuweisen. Ergänzt und erweitert wurden die Führungen durch Fotoausstellungen und Broschüren zu den Erfurter und Thüringer Förderprojekten, die wir selbst erstellt haben. Sie wurden über mehrere Jahre ununterbrochen in Kirchen, im Erfurter Augustinerkloster, in Bibliotheken, Banken und Hotels gezeigt und erreichten somit viele Menschen.

Nach Abschluss dieser Reihe veranstalten wir gegenwärtig Führungen und Vorträge - die für gewöhnlich gut besucht sind - zu bedeutenden, in Restaurierung befindlichen Baudenkmalen und zu wichtigen Straßen und Plätzen der Stadt, aber auch zu allgemeinen Problemen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, um Kenntnisse zu vermitteln, Bewusstsein zu wecken und Kontakt zu halten.

Ein Kinder-Denkmalquiz auf der Erfurter Krämerbrücke, organisiert vom Ortskuratorium 
© Tettenborn
Ein Kinder-Denkmalquiz auf der Erfurter Krämerbrücke, organisiert vom Ortskuratorium

Über die Stadtgrenzen hinaus haben wir Erfurt und den Freistaat Thüringen als "Land der Residenzen" in zahlreichen Dia-Vorträgen auf Einladung anderer Ortskuratorien in Städten der sogenannten alten Bundesländer vorgestellt und auch hier auf die Unterstützung der DSD bei der Sanierung kulturell bedeutender Baudenkmale, insbesondere in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung, hingewiesen.

Daneben haben wir verschiedene große Ausstellungen der Stiftung und anderer den Denkmalschutz unterstützender Institutionen übernommen, so die Wanderausstellung "Seht, welch kostbares Erbe", "Glück für den Denkmalschutz" in Zusammenarbeit mit der GlücksSpirale und gerade jetzt "Klangräume" des Deutschlandfunks vom 6. August bis 3. September 2009 in der Michaeliskirche in Erfurt. Insbesondere das Erfurter Augustinerkloster mit seinem malerischen Kreuzgang und andere Kirchen boten dafür sehr geeignete Rahmenbedingungen. Ein Benefizkonzert der Reihe Grundton D von Deutschlandradio Kultur zugunsten bedrohter Denkmale konnte gleichfalls von uns unterstützt werden.

Erfreulich war auch die Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern des Evangelischen Ratsgymnasiums Erfurt, die sich im Rahmen eines denkmal-aktiv-Projekts "Alte Synagoge" intensiv mit dem bedeutenden Bauwerk auseinandergesetzt haben und ihre Erkenntnisse dann in Führungen jüngeren Schülern vermittelt haben.

MO: Warum haben Sie sich dafür entschieden, die DSD durch Ihre Mitarbeit zu unterstützen?

Dr. Dieter Tettenborn: Ich hatte 1990 auf den ersten Spendenaufruf der damals noch jungen Deutschen Stiftung Denkmalschutz im ZDF nach der politischen Wende zugunsten bedrohter Baudenkmale in den neuen Bundesländern reagiert und in den folgenden Jahren versucht, auf privater Basis im Freundes- und Bekanntenkreis für die Stiftung zu werben. Ein Hinweis in MONUMENTE über die Gründung von Ortskuratorien zur lokalen Unterstützung der DSD ließ mich dann vom mehr passiven Spender zum aktiven Mitstreiter der Stiftung werden und mein erstes Kuratorium in Wuppertal gründen. Nach meinem Umzug nach Erfurt konnte ich hier diese Tätigkeit seit 2003 fortsetzen.

MO: Seit 2000 beherbergt eines der Häuser auf der Erfurter Krämerbrücke das "Haus der Stiftungen". Welche Idee verbirgt sich hinter dieser Institution?

Im 1579 errichteten "Haus der Stiftungen" mit dem rätselhaft klingenden Namen "Haus zum wilden Mann & güldenen Schachtzaul" auf der historischen Krämerbrücke haben drei Stiftungen seit 2000 die Möglichkeit, die zahlreichen Besucher - ca. 50.000 im Jahr - über ihre Aufgaben und Ziele zu informieren. Der Stiftungsrat der städtischen "Stiftung Krämerbrücke" trifft sich hier, um alle wichtigen Entscheidungen der Bauunterhaltung, weiterer Sanierungsmaßnahmen, der Nutzung der einzelnen Brückenhäuser, der Finanzierung sowie der Öffentlichkeitsarbeit zu treffen. Schautafeln informieren über die Geschichte der Brücke und des Hauses. Da die DSD die Sanierung dieses Gebäudes und auch der gesamten Brücke in großem Umfang finanziell unterstützt hat, hat sie einen Sitz im Stiftungsrat, den der Ortskurator einnimmt.

Das Haus der Stiftungen am Tag des offenen Denkmals 
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Das Haus der Stiftungen am Tag des offenen Denkmals

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz kann sich hier den zahlreichen in- und ausländischen Besuchern permanent präsentieren. So ist der Bau auch eine Art Schaufenster der Stiftung. Meines Wissens einmalig in Deutschland und für viele Besucher oft die erstmalige Gelegenheit, etwas über die DSD zu erfahren. Dafür sorgen nicht nur die Bilddokumentationen und das ausgelegte Informationsmaterial, sondern besonders auch das persönliche Gespräch mit den zwei hauptamtlichen Aufsichtspersonen und einer Gruppe ehrenamtlicher Damen und Herren, die vor allem an den Wochenenden und Feiertagen den Gästen für Informationen zur Verfügung stehen. Auch Mitglieder unseres Ortskuratoriums leisten hier bei Bedarf "Basisarbeit". Im ausliegenden Gästebuch bedanken sich viele Besucher für die Möglichkeit, eines der Brückenhäuser von innen kennenzulernen, darunter den kellerähnlichen Brückenpfeiler und das Glasfenster - ein Guckloch im Boden auf den darunter fließenden Fluss Gera, das beweist, dass man sich tatsächlich auf einer Brücke befindet. Viele Gäste betonen auch, dass sie erfreut sind zu sehen, dass ihre Spendengelder von der Stiftung gut verwendet worden sind, und ermuntern zur Fortsetzung des segensreichen Wirkens der DSD.

Unserem Ortskuratorium mit seinen 12 MitgliederInnen bietet die historische Bohlenstube im ersten Obergeschoss eine Heimstatt für seine Beratungen und Treffen, zum Beispiel mit Besuchergruppen von MONUMENTE-Reisen oder Vertretern anderer Ortskuratorien, die als durchreisende Gäste oder aus dem Netzwerk der Thüringer Ortskuratorien zu uns kommen.

Bei besonderen Anlässen, wie dem "Tag des offenen Denkmals" oder dem turbulenten Krämerbrückenfest "zeigen wir Flagge": Dann weht in der engen Gasse der Brücke weithin sichtbar die Fahne der "Stiftung" mit dem charakteristischen Logo.

Die dritte Stiftung, die durch die DSD treuhänderisch verwaltete Elisabeth und Fritz Thayssen-Stiftung, stellt schließlich aus den Erträgen des Stiftungskapitals finanzielle Mittel zur weiteren Instandsetzung von Brückenhäusern zur Verfügung und wird hier dankbar erwähnt.

Auf unserer Homepage berichten wir übrigens regelmäßig über unser Ortskuratorium und unsere Aktivitäten.

Das Interview führte Julia Ricker

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