Handwerk Menschen für Denkmale Restaurierungstechniken Juni 2009
Katrin, Stine, Steve und Timor waren Pioniere eines mittlerweile mehrfach preisgekrönten Projekts, das die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 1999 ins Leben rief: Sie gehörten zu den ersten 19 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einer Jugendbauhütte. Weil das nun zehn Jahre her ist, wird in diesem Juni gefeiert, und zwar in Quedlinburg, wo alles begann.
Damals war das Freiwillige Jahr in der Denkmalpflege noch nicht offiziell anerkannt. Das Pilotprojekt verlief jedoch so erfolgreich, dass die politische Akzeptanz nicht lange auf sich warten ließ. Und weil das Interesse der Jugendlichen an Denkmalschutz und Denkmalpflege erfreulich groß ist, richtete die Stiftung inzwischen Jugendbauhütten in Brandenburg/Berlin, Duisburg/Raesfeld, Görlitz, Mühlhausen, Romrod, Soest, Stralsund/Szczecin und Wismar ein. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird sie weitere in Stade und Regensburg sowie die Internationale Jugendbauhütte Gartendenkmalpflege eröffnen.
Insgesamt haben mehr als 1.400 junge Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren dieses Orientierungsjahr nach ihren Schulabschlüssen wahrgenommen. Je nach Neigung werden sie von den Mitarbeitern der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste e. V. (ijgd), die die Jugendbauhütten organisieren und betreuen, an unterschiedliche Einrichtungen vermittelt. Die Jugendlichen arbeiten bei Handwerkern, unterstützen archäologische Grabungen, schauen Denkmalpflegern und Architektinnen über die Schulter oder führen Besucher durch Schlossmuseen. "Sie tun das mit einem so großen Engagement und Enthusiasmus, dass sich die Einsatzstellen jedes Jahr aufs Neue um Teilnehmer bewerben", so Dr. Norbert Heinen, Geschäftsführender Vorsitzender des Vereins Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz e. V.
In sieben einwöchigen Seminaren werden den Jugendlichen die einzelnen Stilepochen und anderer Stoff vermittelt. Dabei geben auch Ehemalige, wie die Glasmalerin Christa Heidrich oder Zimmermannsgeselle Nils Almstedt, Wissen an ihre Nachfolger weiter.
Bei den Seminaren steht das gemeinsame Arbeiten und das Leben in der Gemeinschaft im Vordergrund. Denn bei ihren Einsatzstellen müssen die jungen Leute oft ohne die anderen auskommen. Wie Rita Szakonyi von der Jugendbauhütte Mühlhausen, die zwei Dokumentationen für die Untere Denkmalschutzbehörde über die Kirchenglocken und Standbilder der Stadt erstellt hat. Sie verbrachte dabei viel Zeit in Archiven und hatte mit den anderen aus ihrem Jahrgang zumindest tagsüber kaum Kontakt. Da haben es die Teilnehmer der Jugendbauhütte in Stralsund/Szczecin besser, weil jeweils ein Tandem, bestehend aus einem polnischen und einem deutschen Jugendlichen, zusammen an einem Projekt arbeitet.
Um den jungen Menschen aber die Möglichkeit zu geben, die Restaurierung eines Denkmals gemeinsam zu erleben, wurden ihnen in Quedlinburg, Nauen, Heiligengrabe, Romrod und Soest sanierungsbedürftige Häuser zur Bearbeitung übergeben. Vom Zeichnen eines verformungsgerechten Aufmaßes über das Stampfen des Lehms bis hin zum Verlegen der Holz- und Fliesenböden führen sie alle Maßnahmen selbst aus und identifizieren sich so ganz besonders mit "ihrem" Denkmal.
Wie wichtig ihnen das gemeinsame Arbeiten ist, zeigten fünf Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Jugendbauhütte in Romrod: Sie "opferten" ein Wochenende, um bei den Arbeiten in der Wiesbadener Drei-Lilien-Quelle zu helfen. In dem engen und modrig riechenden Jugendstilraum klopften sie unter fachlicher Anleitung die historischen Fliesen behutsam von den Wänden.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz finanziert die Jugendbauhütten zu einem großen Teil selbst. Einige Bundesländer und Kommunen unterstützen sie dabei, ebenso Kooperationspartner wie die Deutsche Nationalstiftung, die Hermann Reemtsma-Stiftung, die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ)" sowie die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe. Dank der Dr. Hans und Brigitte Linhard-Stiftung, die die Sanierung eines Fachwerkhauses aus dem 17. Jahrhundert in Quedlinburg förderte, haben die jungen Menschen dort seit 2003 ein Domizil, in dem sie gemeinsam wohnen können.
Wie Rita Szakonyi würden sich 95 Prozent der Jugendlichen wieder für das Freiwillige Jahr in der Denkmalpflege entscheiden. Viele schließen ein Studium der Kunstgeschichte oder Architektur an, werden Restauratoren oder beginnen eine handwerkliche Lehre. Die Grabung am Felchtaer Tor in Mühlhausen hat Rita so großen Spaß gemacht, dass sie nun in Jena Archäologie studiert. Die Idee der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, mit den Jugendbauhütten bereits junge Menschen an ihr Anliegen heranzuführen und sie zu Botschaftern für Denkmalschutz und Denkmalpflege zu machen, ist somit voll aufgegangen.
Mit welcher Begeisterung die ehemaligen und jetzigen Jugendbauhüttler von ihrem Freiwilligen Jahr erzählen, kann man am 5. und 6. Juni 2009 in Quedlinburg erleben, wenn dort der zehnte Geburtstag gefeiert wird. Bei einem "Markt der Möglichkeiten" werden sie zeigen, wie wichtig ihnen der Umgang und die Bewahrung unseres kulturellen Erbes geworden ist.
Und was machen die Pioniere der Quedlinburger Jugendbauhütte heute? Stine studiert Forstwirtschaft, Katrin hat ihr Studium der Ur- und Frühgeschichte beendet, Timor ist Steinmetz und Steve Maurer geworden.
Carola Nathan
Info:
Zum Jubiläum am 5./6. Juni 2009 finden zahlreiche Veranstaltungen in Quedlinburg statt: Führungen durch fertiggestellte und noch in Arbeit befindliche Objekte der Jugendbauhütte, Fachvorträge, ein Benefizkonzert der Reihe Grundton D und vieles mehr. Genaues Programm und weitere Informationen: Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Isabel Fischer, Tel. 0228/3 68 85-941, isabel.fischer@denkmalschutz.de
Kopfgrafiken - links: Annett Baack und Katarzyna Poradzisz arbeiteten in einer Restaurierungswerkstatt, rechts: Freiwillige der Jugendbauhütte Brandenburg/Berlin unterstützten zusammen mit Jugendlichen aus dem polnischen Krzyżowa die Fachwerksanierung des Höllberghofs in Langengrassau.
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