Öffentliche Bauten
Wie schafft man Fluchtwege in einem Haus, aus dem man eigentlich nicht fliehen soll? Das war vielleicht das spannendste Problem, vor dem Dr. Ulrich Nöhle stand, als er in den letzten beiden Jahren das von ihm erworbene ehemalige Gefängnis im niedersächsischen Otterndorf sanierte. Denn wo früher Schwarzbrenner und Hühnerdiebe, aber auch "schwere Jungs" einsaßen, werden sich schon bald Führungskräfte der Wirtschaft für ein paar Tage zurückziehen können.
Neben dem Denkmalschutz erforderte vor allem der Brandschutz besondere Lösungen: Unter anderem lassen sich nun die Gitter der Flurfenster sowohl von innen als auch von außen öffnen, ohne dass dies auf den ersten Blick zu erkennen ist. 1885 - sechs Jahre nach Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze, in denen das Rechtswesen erstmals einheitlich geregelt wurde - war der Backsteinbau auf dem ehemaligen Schlossgelände, einer Parkanlage mitten in Otterndorf, errichtet worden. Die Nachbarschaft zum Amtsgericht, das zur selben Zeit in das 1773 erbaute Amtshaus gezogen war, war seinerzeit üblich - heute ist das Kleingefängnis das einzige noch vollständig erhaltene seiner Art in ganz Niedersachsen. Bis 1966 waren hier Straftäter untergebracht. Seitdem stand das Haus leer, nur ein Mitarbeiter des Gerichts wohnte im Erdgeschoss. Und weil das Gebäude in 120 Jahren kaum Veränderungen erfahren hatte - lediglich eine Heizung war 1954 eingebaut worden -, bot sich Ulrich Nöhle nun die einmalige Möglichkeit, ein Gefängnis mit allen Details denkmalgerecht zu restaurieren. Erfahrungen hatte der Lebensmittelchemiker, der sich in die Ästhetik der Backsteingebäude aus der Gründerzeit geradezu verliebt hat, schon bei einer Fabrik in Frankfurt am Main gesammelt, für deren Sanierung er 2001 mit dem Hessischen Denkmalpflegepreis ausgezeichnet wurde.
Die Fenster des zweigeschossigen schlichten Baus in Otterndorf verraten, was sich dahinter verbirgt: Im Obergeschoss liegen sieben Zellen, erkennbar an den kleinen, vergitterten Fenstern, hinter den großen im Hochparterre befanden sich die Wachtmeisterräume. Im Dach- und Erdgeschoss gab es eine Kranken- und eine U-Haft-Zelle und im Keller eine Strafzelle. Inzwischen wurden Fundamente, Fassade und Dachstuhl saniert und die Farbanstriche im Innern erneuert. Alle Holzfenster, Haus- und Zellentüren und die ebenfalls originalen Holzfußböden konnte Dr. Nöhle aufarbeiten lassen. Heizung, Strom- und Wasserversorgung mussten aber erneuert und im Keller moderne sanitäre Einrichtungen eingebaut werden. Bei den Arbeiten wurde der Bauherr von der Stadt Otterndorf, dem Land Niedersachsen, dem Amt für Landentwicklung und der Niedersächsischen Sparkassenstiftung unterstützt. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz konnte für die aufwendigen Tischlerarbeiten dank der Mittel der Lotterie GlücksSpirale im vergangenen Jahr 40.000 Euro beisteuern.
Wichtig war Ulrich Nöhle, dem Enthusiasten mit der Liebe zum Detail, dass die originale Raumstruktur vollständig erhalten blieb, ebenso das teilweise noch vorhandene Interieur wie die klappbaren Betten, Tische und Sitze in den Zellen, die Gitter in den Fluren und die Zellentüren mit Spionen und Essensklappen. Um den Gefängnischarakter noch deutlicher zu machen, ließ er auch die verfallene Hofmauer wieder hochziehen. Den Managern, die künftig hier zu Veranstaltungen anreisen sollen, wird aber dennoch manches erleichtert: Schließlich sorgt das Klarglas in den hoch stehenden, noch immer vergitterten Fenstern für mehr Licht in den spartanischen Zellen. Und die Schubriegel an den Türen wurden so blockiert, dass der einst den Straftätern verwehrte Fluchtweg nun jederzeit offen steht.
Dr. Dorothee Reimann
Kontakt: Gefängnis Otterndorf, Am Großen Specken 10, 21762 Otterndorf, Tel. 0170/1 88 16 52, alkatrass@email.de
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