Öffentliche Bauten Februar 2008 G
Besucher aus allen Teilen der Welt haben schon zu ihm aufgeschaut: Wenn um 11 Uhr das Glockenspiel am Turm des Neuen Rathauses erklingt, dann bildet sich eine Menschentraube auf dem Münchner Marienplatz. Als sich die 32 lebensgroßen Figuren vor fast 100 Jahren in Bewegung setzten, konnte die Stadt auf das erste elektromechanisch betriebene Glockenspiel Europas stolz sein.
Es war das i-Tüpfelchen eines ehrgeizigen Bauprojektes, das zwei Dutzend Altmünchner Häuser verdrängte: In drei Bauphasen hatte Georg Hauberrisser von 1867 bis 1909 das Neue Rathaus errichtet. Trotz seiner unbayerisch-neugotischen Fassade, wurde der Koloss zu einem der Wahrzeichen Münchens - vor allem wegen des Glockenspiels. Der Spielerker ist der Blickfang am majestätischen, 85 Meter hohen Turm. Auf zwei Etagen stellen die bemalten Figuren aus Kupferblech Szenen aus der Stadtgeschichte dar. Der obere Teil erinnert an das Turnier, das anlässlich der Vermählung des späteren Herzogs Wilhelm V. von Bayern mit Renata von Lothringen im Februar 1568 auf dem Marienplatz abgehalten wurde. Die Feierlichkeiten dauerten über zwei Wochen und umfassten vielfältige Vergnügungen von Schlittenfahrt und Feuerwerk bis hin zu Theateraufführungen. Wilhelm V., der Fromme (1579-97), war der erste große Bauherr unter den Wittelsbachern: Während seiner Herrschaft blühte München zum Zentrum des Manierismus auf. Einem volkstümlichen Ereignis ist die untere Ebene gewidmet: Hier führen die Figuren den berühmten Schäfflertanz auf. Der traditionelle Tanz mit den grünbelaubten Reifen wurde von der Münchner Fassmacher-Zunft geprägt und ist seit 1702 urkundlich belegt. Alle sieben Jahre wird dieser alte Brauch zur Faschingszeit öffentlich wiederbelebt.
Das beliebte Glocken- und Figurenspiel dauert etwa zwölf Minuten. Erst treten die Ritter in Aktion, dann tanzen die Schäffler, bis der Hahn das Spektakel durch dreimaliges Krähen beendet. Die Klänge werden von 43 zum Teil tonnenschweren Glocken erzeugt, die am Glockenstuhl unter dem Turmhelm aufgehängt sind. Dank sechs verschiedener Spielwalzen, die jeden Monat gewechselt werden, umfasst das Repertoire über 20 Melodien: von "Aber heit is kalt", dem Traditionslied der Münchner Schäffler, im Januar über Loreley und Bierwalzer bis "O Tannenbaum" im Dezember. Täglich um 21 Uhr ertönt der Nachtwächterruf aus Richard Wagners "Meistersinger von Nürnberg", und das "Wiegenlied" von Johannes Brahms entlässt das Münchner Kindl in den Schlaf.
Doch zuletzt war der Klang alles andere als stimmig: Luftverschmutzung und Korrosion hatten den Glocken und der Mechanik arg zugesetzt, vor allem war die Konstruktion des schmiedeeisernen Glockenstuhls gefährdet und eine Sanierung damit unumgänglich. Im Zuge der ebenfalls dringend notwendigen Instandsetzung der Turmfassade hat man sämtliche Glocken ausgebaut, gereinigt und aufgearbeitet. Der Glockenstuhl erhielt eine Aufhängung aus Edelstahl, zudem wurden Federn, Züge und andere wichtige Teile erneuert.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützte die aufwendige Restaurierung des Glockenspiels mit 100.000 Euro. Im Sommer 2006 hatte das Ortskuratorium München ein großes Benefizkonzert für Münchner Denkmale veranstaltet, dessen Erlös auch dem Glockenspiel zugute kam. Zum Dank stellt die Stadt für das diesjährige Konzert am 3. Juli den Saal im Alten Rathaus zur Verfügung. Pünktlich zum Jubiläum - 2008 feiert München seinen 850. Geburtstag - können sich Einheimische und Touristen wieder am bewährten Klang des Glockenspiels erfreuen, das noch immer eines der größten im Lande ist. Dass es auch das schönste ist, würden wohl nicht nur die Münchner bestätigen.
Dr. Bettina Vaupel
Das Glocken- und Figurenspiel am Neuen Rathaus ist jeden Tag um 11 und 12 Uhr zu erleben, von März bis Oktober zusätzlich um 17 Uhr.
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In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.
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Wer war denn der Konstrukteur bzw. Erbauer des Glockenspiels? Diese Info fehlt mir!\n \n Anm. d. Red.: Den Spielerker und die Figuren gestaltete der Rathaus-Architekt Georg Hauberrisser, das Triebwerk des Glockenspiels konstruierte der Uhrmacher, Mechaniker und Erfinder Christian Reithmann.
Auf diesen Kommentar antwortenDie Figuren stammen nicht von dem Planer und Architekten Hauberisser, sondern von verschiedenen Bildhauern wie z.B. Josef Schmeidl, der u.a. das Münchner Kindl und das Fürstenpaar gefertigt hat. Solche bedeutenden Männer geraten leider in Vergessenheit. Hier wäre es wirklich angebracht, einmal gründlich zu recherchieren und die Geschichte zu ergänzen.
Es ist ein Freude, diese ausführliche Beschreibung und Erklärung des Glockenspiels zu lesen. Vielen Dank für die wertvollen Informationen, die ich gerne meinen München-Gästen weitergeben werde.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Roseeu, Gröbenzell
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