Technische Denkmale 1900 Technik Verkehr Februar 2007 S
Man kann schon einen Schrecken bekommen, wenn man nichtsahnend durch das hübsche Dorf Osten in Niedersachsen fährt, der Biegung der Hauptstraße folgt, die von ordentlichen, niedrigen Backsteinhäusern gesäumt ist, und dann urplötzlich vor einem spinnenartigen metallischen Gebilde steht, das den imposanten Deich-Gasthof "Fährkrug" noch um viele Meter überragt.
Es handelt sich um die Stahlkonstruktion der ältesten Schwebefähre Deutschlands: 38 Meter hoch, 82 Meter breit, von MAN entworfen und unter der Bauleitung von Louis Pinette 1908/09 errichtet, einem Schüler Gustave Eiffels, Erbauer des nach ihm genannten Wahrzeichens von Paris. Technik, die zwar bedrohlich aussieht, aber zu allen Zeiten begeisterte: "Würdig wie Apoll, stark wie Herkules" besang man die Schwebefähren Anfang des 20. Jahrhunderts.
Aber warum musste über das in aller Ruhe dahinströmende Flüsschen Oste so spektakulär übergesetzt werden? Der Fluss, erstaunlich tief, war von alters her wichtig für den Warentransport. Segelschiffe mit bis zu 30 Meter hohen Masten erschwerten eine Brückenlösung. Eine konventionelle Fähre wiederum wäre bei den gezeitenbedingten Hochwassern und bei Eisgang unbrauchbar gewesen. Etwa 20 Schwebefähren wurden seit dem späten 19. Jahrhundert gebaut. Die in Osten im Elbe-Weser-Dreieck ist die kleinste und trotzdem - verglichen mit dem dazugehörenden Örtchen - riesig in ihren Ausmaßen. Dennoch wirkt sie dank der Stahlfachwerkkonstruktion erstaunlich filigran und verliert endgültig ihre Bedrohlichkeit, wenn sie sich in Bewegung setzt: Lautlos gleitet die an einem Radgestell aufgehängte Gondel elektrisch angetrieben übers Wasser. Der korrekte Name der Schwebefähre lautet eigentlich "bewegte Brücke", aber der allgemein gebrauchte Name bringt es viel besser auf den Punkt: Hier "schwebt" man über die Oste.
1974 wurde in Sichtnähe eine Brücke gebaut, darüber führt die heutige Straßenverbindung zwischen Elbe und Bremervörde. Die Schwebefähre wurde außer Dienst gestellt und nur wegen des damals niedrigen Schrottpreises nicht direkt abmontiert.
Bis 2001 hielt ein Förderverein den Fährbetrieb für Touristen aufrecht, dann musste die Fähre wegen erheblicher Mängel am Traggerüst stillgelegt werden. Dass am 21. April 2006 in einem feierlichen Festakt der Betrieb wieder aufgenommen werden konnte, verdankt die Fähre vielen Helfern: Von den Gesamtkosten der notwendig gewordenen Restaurierung von über 1,2 Millionen Euro wurden 80.000 Euro von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz - auch dank der Mittel der GlücksSpirale - aufgebracht, die ein vorher nicht abzusehendes Finanzloch stopfen halfen. Die weiteren Zuschüsse kamen vom Bund, vom Land Niedersachsen, von der Metropolregion Hamburg, der EWE-Stiftung, der niedersächsischen Lottogesellschaft und aus Eigenmitteln.
Die wichtigsten Helfer aber waren und bleiben die vielen Ehrenamtlichen der Fördergesellschaft zur Erhaltung der Schwebefähre in Osten e. V., die sich gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege dem eigenwilligen Charme dieses technischen Denkmals nicht entziehen konnten und zu seiner Rettung unermüdlichen Einsatz und eine bemerkenswerte Lobbyarbeit geleistet haben.
Sie befinden sich in guter Gesellschaft: Spaniens König Juan Carlos I. ist Schirmherr des 2003 gegründeten Weltverbandes der Schwebefähren, er will sich für die verbliebenen acht "liebenswerten, alten Brücken" dieser Art in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Argentinien und Spanien einsetzen - und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern in "persönlicher Mitarbeit"!
Beatrice Härig
Die Schwebefähre setzt Samstag und Sonntag zwischen 11 und 16 Uhr jeweils zur vollen Stunde über den Fluss oder nach Vereinbarung für Gruppen ab 10 Personen (Tel. 04771/39 22). Hin- und Rückfahrt kosten 1,50 Euro.
In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.
Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.
Fast 17 Millionen Dollar. Das ist auch für das Auktionshaus Christie's keine alltägliche Summe. Bei 16,8 Millionen Dollar ist im Mai bei einer Auktion in New York für Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst der Zuschlag erfolgt, und zwar für - und das ist ebenso ungewöhnlich - ein Bauwerk. Nicht einmal ein besonders großes.
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