Technische Denkmale Technik Juni 2006

Meisterwerk der Ingenieurtechnik

Das Wunder vom Linachtal

Der Schwarzwald hat eine Attraktion, die selbst vielen Einheimischen unbekannt ist: die Linachtalsperre bei Vöhrenbach. Nicht allein die Konstruktion der 1922 bis 1925 erbauten Eisenbeton-Sperrmauer ist interessant. Man kann sie obendrein von allen Seiten studieren, denn 1987 wurde das Wasser des Linachstausees aus Sicherheitsgründen abgelassen.

2002 hat der Förderverein "Rettet die Linachtalsperre e. V." gemeinsam mit dem Naturpark Südschwarzwald und der Stadt Vöhrenbach die 143 Meter lange Krone der Staumauer begehbar gemacht und ausführliche Informationstafeln aufgestellt. Seitdem ist es Besuchern möglich, die beeindruckende Stauanlage, mit der Strom erzeugt wurde und die heute als Denkmal von nationaler Bedeutung eingestuft ist, auf einem Wasserkraftlehrpfad zu erkunden.

Anfang der zwanziger Jahre entwarf der Karlsruher Ingenieur Fritz Maier die Sperrmauer nicht als massiven Betonblock, sondern gliederte die 25 Meter hohe Staumauer in einzelne Bauteile, bestehend aus Gewölben, Pfeilern und Riegeln. Zu sehen sind 13 zur Talseite offene Halbzylinder von 10,40 Meter Spannbreite sowie - zur Wasserseite hin - halbrunde Wölbungen. Die Halbzylinder sind auf so genannten Herdmauern gegründet, die bis zu 12 Meter tief unter der Erde auf Fels aufsitzen. Die Gewölbe lehnen an zwei massiven Endwiderlagern und an 12 Stützpfeilern, die durch Querriegel versteift sind. Sie übertragen den Wasserdruck auf den felsigen Untergrund. Bei Vollstau betrug das Fassungsvermögen des ein Kilometer langen Stausees 1,1 Millionen Kubikmeter.Diese leichte Konstruktion sparte Kosten und Bauzeit. Allerdings benötigte man viele Fachkräfte für die aufwendigen Schalungsarbeiten der Eisenbetonzylinder, die unten 60 Zentimeter stark sind und sich nach oben auf 40 Zentimeter verjüngen. Bei Hochwasser konnte der Pegel mit Hilfe eines Entlastungsturmes sowie eines Überlaufs mit Abflussrinne reguliert werden. Mächtige Rohre entlang der Straße weisen den Weg zum einige Kilometer tiefer im Tal liegenden Turbinenhaus, das 1922/23 in Jugendstilformen erbaut wurde. Es ist bereits restauriert und erzeugt seit 1998 schon wieder rund eine Million Kilowattstunden Strom aus dem Linachbach. Dieses Vorgehen zeigt, dass man mit dem einmaligen Industriedenkmal Linachtalsperre Großes vor hat: Es soll nach seiner Sanierung wieder voll in Betrieb genommen werden.

Doch zunächst steht die Restaurierung der Staumauer an. Risse in den Gewölbeschalen sowie korrodierte Eisenanker bedrohen die Konstruktion. Den ersten Bauabschnitt der aufwendigen, auf insgesamt 4,4 Millionen Euro geschätzten Sanierung unterstützen die Stadt Vöhrenbach, der Landkreis Schwarzwald-Baar, die Landesstiftung Baden-Württemberg, das Land, der Bund, die Tourismusförderung Baden-Württemberg sowie der 1999 gegründete Förderverein "Rettet die Linachtalsperre e.V." Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz stellt für die Betonsanierung 250.000 Euro bereit. Bis Anfang 2007 soll das Industriedenkmal, dessen Kraftwerkbetrieb 1970 eingestellt wurde, restauriert sein, damit es der Energieversorger Gedea mbh & Co Wasserkraftwerk Linach KG betreiben kann. Wenn sich dann erneut Wasser staut, wird nur noch die Talseite der Sperre mit ihren Raffinessen zu sehen sein.
Christiane Rossner

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