Menschen für Denkmale April 2006

Jugendliche zeigen ihre Stadt

Per Pedes durch Gera

Meistens sind die jungen Geraer Stadtführer zu Fuß unterwegs: bei einem Rundgang durch ihre thüringische Heimatstadt oder bei der Besteigung des Rathausturmes, wo sie ihre Gäste 161 Stufen lang bei Laune halten müssen. Sie haben sich daher den Namen "Per Pedes" gegeben, obwohl sie ihre Tätigkeit manchmal auch in einem Bus oder in einer historischen Straßenbahn absolvieren.

Schon seit 1983 nehmen Schüler Gäste Geras auf ganz besondere Stadtführungen mit. Als die Jugendlichen von damals erwachsen geworden waren, gründeten sie 1994 den Verein "Per Pedes - Junge Stadtführer Gera e. V." und geben seitdem ihre Erfahrungen an die nächste Generation junger Stadtführer weiter. Mit den Angeboten möchte man einerseits die touristische Attraktivität der Stadt erhöhen, sieht aber vor allem den großen persönlichkeitsbildenden Wert dieser pädagogisch wertvollen Freizeitgestaltung. Und ganz nebenbei lernen und vermitteln die Stadtführer, wie wichtig die Erhaltung von denkmalgeschützten Gebäuden ist.

In Gera kann man sich von Kindern und Jugendlichen durch die Stadt führen lassen. 
© Helmut Polter
In Gera kann man sich von Kindern und Jugendlichen durch die Stadt führen lassen.

Manche Kinder, die in mehrmonatigen Kursen das Wichtigste und Interessanteste aus der Geschichte und über die Sehenswürdigkeiten ihrer Stadt lernen, sind erst 9 Jahre alt. Mitarbeiter des Stadtmuseums und Pädagogen, aber auch erfahrene "Kollegen" bringen ihnen außerdem bei, wie sie ihr Wissen vermitteln sollten. Der Verein hat zur Zeit 19 aktive Junge Stadtführer - 9 Mädchen und 10 Jungen -, die ehrenamtlich im Einsatz sind.

Stadtführerin Kathleen (vorne 3. v. r.) mit französischen Schülern vor dem Renaissanceportal des Rathaues  
© Helmut Polter
Stadtführerin Kathleen (vorne 3. v. r.) mit französischen Schülern vor dem Renaissanceportal des Rathaues

Über 800 Menschen schließen sich den Jungen Stadtführern pro Jahr an, darunter viele Schulklassen und Geraer mit ihren Besuchern, aber auch zunehmend Gäste aus dem Ausland. Der Rathausturm, von dem man den ungewöhnlich langgestreckten Grundriss der Stadt gut erläutern kann, ist nur eine der Sehenswürdigkeiten im Programm des Vereins. Der 17jährige Tom nimmt die Besucher mit auf eine Route vom Markt- zum Mohrenplatz, der am Geburtshaus des Malers Otto Dix endet. Andere Jungen und Mädchen gehen mit ihren Gästen durch die historische Altstadt, vorbei am Rathaus oder an einem Kaufmannshaus von 1592, an den 14 Jahre später ein farbenprächtiger Renaissanceerker angebaut wurde. In den Sommermonaten gibt es außerdem spezielle Wanderungen zum 1901 erbauten Fuchsturm im Geraer Stadtwald, der dem Verein von der Stadt zur touristischen Nutzung übergeben wurde.

Die von Henry van den Velde erbaute Villa Schulenburg 
© ML Preiss
Die von Henry van den Velde erbaute Villa Schulenburg

Zur Zeit bereiten sich Tom, Nick und Diana auf ein neues Projekt vor: Am 11. Juni 2006, wenn Gera zum Tag der offenen Gärten einlädt, werden sie die Villa Schulenburg betreuen. Sie wurde 1913/14 vom belgischen Architekten Henry van der Velde - damals Direktor der Weimarer Kunstgewerbeschule - für den Textilfabrikanten Paul Schulenburg entworfen. Van de Velde stattete den zweieinhalbgeschossigen Klinkerbau mit moderner Haustechnik aus, entwarf die gesamte Innenarchitektur bis hin zu der Beleuchtung, den Möbeln, Teppichen und dem Bezugstoff für die Sitzmöbel sowie dem Geschirr. Auch der Garten wurde nach seinen Plänen gestaltet.

Die Villa Schulenburg gehört heute Professor Dr. Rita und Dr. Volker Kielstein, die sie auch mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz restaurieren lassen und für die material- und detailgetreue Wiederherstellung des Originalzustandes 2001 mit dem Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege ausgezeichnet wurden. Die Jungen Stadtführer freuen sich schon darauf, den Besuchern die spannende Baugeschichte des Hauses vermitteln zu können.

Carola Nathan

Weitere Infos im WWW:

www.perpedesgera.de

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

  • Mittelalterliche Wandmalereien in Behrenhoff 16.01.2018 Die Hölle Vorpommerns Die Hölle Vorpommerns

    Die Hölle Vorpommerns

    In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.

  • Von Seekisten und Seeleuten 08.11.2012 Seekisten Was auf der hohen Kante lag

    Was auf der hohen Kante lag

    In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.

  • Otto Bartning und seine Kirchen 09.03.2016 Bartning Kirchen Spiritualität in Serie

    Spiritualität in Serie

    Otto Bartning gehört zu den bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Wegweisend sind seine Raumschöpfungen im Bereich des protestantischen Kirchenbaus.

Service

Monumente Probeheft

Probeheft jetzt anfordern!


Zeitschrift abonnieren
Magazin für Denkmalkultur in Deutschland



Möchten Sie ausführlicher über aktuelle Themen aus der deutschen Denkmallandschaft lesen? 


Dann abonnieren Sie Monumente!  


 
 
Monumente Probeheft

Probeheft jetzt anfordern!


1
Zeitschrift abonnieren
Magazin für Denkmalkultur in Deutschland
2
Monumente Abo



Möchten Sie ausführlicher über aktuelle Themen aus der deutschen Denkmallandschaft lesen? 


Dann abonnieren Sie Monumente!  


3

Newsletter

Lassen Sie sich per E-Mail informieren,

wenn eine neue Ausgabe von Monumente

Online erscheint.

Spenden für Denkmale

Auch kleinste Beträge zählen!

 
 
 
 
0 Kommentare

0 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar!

Antwort auf:  Direkt auf das Thema antworten

 
 

© 2023 Deutsche Stiftung Denkmalschutz • Monumente Online • Schlegelstraße 1 • 53113 Bonn