Kurioses Dezember 2005
Der Geheime Rat Goethe muss in die Hocke gegangen sein, um das Schauspiel aus der Nähe bewundern zu können: Da sitzen kleine Kinder, die Brei löffeln, die sich necken und herzen, mit einem Hund spielen oder schlafen. Einige tragen Taufkleider, und auch ein betendes ist dabei, denn die kleine Gesellschaft aus Elbsandstein schmückt den Fuß eines Taufsteins.
1561 wurde er in der Pirnaer Stadtkirche St. Marien aufgestellt, 22 Jahre nach Vollendung des Gotteshauses. Der Fuß ist der einzig originale Teil der Renaissance-Taufe, die möglicherweise im Umkreis des Dresdner Bildhauers Hans Walther gefertigt wurde, der auch den Taufstein für die Jakobikirche in Freiberg geschaffen hat. Der heutige Aufsatz stammt aus dem Jahr 1890.
Im April 1813 schrieb Goethe von einer Reise nach Teplitz an seine Frau Christiane: "Um 1 Uhr fuhren wir auf vortrefflichem Weg und bei herrlichem Wetter nach Pirna. (...) Nach Tische besuchten wir den Dom, der ein merkwürdiges Gebäude ist. (...) Das Merkwürdigste aber war uns der Taufstein." Dann folgt eine Auflistung der einzelnen Figuren.
Insgesamt sind es 26 Kinder, die plastisch herausgearbeitet auf der quadratischen Sockelplatte sitzen. Ihr mal mehr und mal weniger munteres Treiben sollte wohl den kindlichen Tagesablauf schildern. Bis auf wenige Ausnahmen sind sie unbekleidet - die Nacktheit war ein typisches Merkmal, mit dem man auf die Unschuld der kindlichen Seele verweisen wollte.
Bis ins späte Mittelalter hinein waren Kinderdarstellungen nur in biblischem, mythologischem oder allegorischem Zusammenhang geläufig. Erst in der frühen Neuzeit schenkte man auch realen Kindern, ihren Lebensbedingungen und ihrer Erziehung Beachtung.
Bartholomaeus Anglicus hatte bereits um 1230 in seiner Enzyklopädie, die über mehrere Jahrhunderte zu den meistverbreiteten Handbüchern gehörte, eine zeitlose Charakterisierung geliefert: "Kleine Kinder haben häufig ein schlechtes Benehmen. Sie leben nur den Augenblick und verschwenden keinen Gedanken an die Zukunft. Sie lieben Spiele und sinnlosen Zeitvertreib. (...) Kaum gewaschen, sind sie schon wieder schmutzig."
Noch vor ein paar Jahren sahen auch die Pirnaer Kinder wie kleine Dreckspatzen aus - allerdings lag dies an der Verschmutzung des Leimüberzugs. Doch mittlerweile konnte im Zuge der Sanierung des Chorraums von St. Marien auch der Taufstein restauriert werden. Dabei erneuerte man die Farbfassung aus dem Jahr 1890 - wiederum in Anlehnung an den ursprünglichen Zustand, für den eine solche belegt ist. Beim Puttenfries wurden kleinere Fehlstellen ergänzt, ein verlorener Kopf und ein Beinchen nachgeformt.
1802 hatte man den Taufstein in das nordöstliche Seitenschiff versetzt - jetzt hat er seinen originalen Standort zurück erhalten, und die Kinder tummeln sich wieder prominent in der Mitte des Chores. "Die Compositionen sind durchaus kunstgerecht, die einzelnen Stellungen allerliebst", hatte schon Goethe zu würdigen gewusst. Und so lautete sein abschließendes Urteil: "(...) was könnte man artiger thun, als die Kindheit um den Taufstein versammeln".
Dr. Bettina Vaupel
Stadtkirche St. Marien, Kirchplatz,
01796 Pirna,
Tel. 03501/52 79 73.
Für Hinweise danken wir Diplom-Restauratorin Grit Stamm.
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