Landschaften, Parks und Friedhöfe Gärten B
Besonders bemerkenswerte Bäume sind häufig Naturdenkmale - sie können aber auch Kulturdenkmale sein, selbst wenn sie nicht zu einem denkmalgeschützten historischen Garten oder Park gehören. Um das deutlich zu machen, möchte ich auf eine Begebenheit in einem der letzten Jahre meiner Tätigkeit als hessischer Denkmalpfleger zurückgreifen.
Damals bat mich der Bürgermeister von Bad Sooden-Allendorf um einen Ortstermin mit dem Anliegen, das schon seit mehr als 150 Jahren verschwundene Steintor dort wieder aufzubauen. Auf meine Frage nach den Gründen berichtete er von japanischen Reisegruppen, die den ´Brunnen vor dem Tore mit dem Lindenbaum´ aufsuchen wollten. Weil sie wissen, dass an dieser Stelle der Dichter Wilhelm Müller den Text des berühmten, von Schubert 1827 vertonten Liedes geschrieben hat und sich fragen, wo denn das dazugehörige Tor sei.
Zur Zeit von Wilhelm Müller stand noch das mittelalterliche Steintor, davor am Zimmersbrunnen eine 700 Jahre alte Linde, die um 1915 durch die heutige ersetzt worden ist. Mit einer Höhe von 22 Metern und einem Stammesumfang von 2,20 Metern hat diese zweite Linde heute auch schon stattliche Ausmaße erreicht.
Die Gerichtslinde in Kirnbach (Ortsteil der Gemeinde Grün, südöstlich vom baden-württembergischen Offenburg) ist in zweierlei Hinsicht ein Kulturdenkmal. Zum einen tagte unter dem vielleicht schon tausend Jahre alten Baum im Mittelalter das Gericht, zum anderen bildet er zusammen mit der 480 Jahre alten Michaelskapelle ein großartiges Ensemble. Würde der Baum untergehen, wäre der Denkmalwert der Kapelle erheblich gemindert.
Die Riesenkastanie in Hitzacker an der Elbe (Niedersachsen) soll um 1610 gepflanzt worden sein. Damit wäre sie eine der ältesten dieser Baumart, die ihren Namen nach der nordgriechischen Stadt Kastania erhalten hat. Der Legende nach hat sie ein Seemann der Ostindien-Kompanie nach Hitzacker gebracht. Man hat ihre Äste so gezogen, dass eine untere, bis 30 Meter ausladende Ebene entstand, auf die man Bohlen legen und den Baum zum Tanzen verwenden konnte. Von der kleineren, oberen Ebene aus spielten die Musikanten. Tanzkastanien sind sehr selten. Tanzlinden als Teil ländlicher Kultur findet man dagegen in vielen Dörfern.
Weithin sichtbar auf einem kahlen Höhenrücken erhebt sich die Eiche am Fürstengrab von Villingen (Baden-Württemberg). Sie markiert einen vorgeschichtlich bedeutsamen Ort, an dem man 1970 die aus Eichenholz gefügte Grabkammer eines Fürstengrabes freigelegt hatte. Mit Hilfe der Dendrochronologie - der Altersbestimmung durch die Jahresringe der Baumstämme - konnte es auf das Jahr 557 v. Chr. datiert werden.
Eine ähnliche Funktion hat die Hammundseiche bei Friedewald in Hessen, denn sie erinnert an das vor 1312 aufgegebene gleichnamige Dorf, das nach dem Baum benannt worden war. Der Chronik nach soll ein Abt von Hersfeld das Dorf im frühen 10. Jahrhundert gegründet haben. Demnach wäre der herrliche Baumriese mit seinem Stammesumfang von 7,10 Metern mehr als tausend Jahre alt. Nach Ausgrabungen 1970-72 erinnern jetzt noch die Grundmauern einer Kirche von 1141, vor allem aber der herrliche Baum, an die Wüstung.
Vielen Eichen wird ein Alter von tausend und mehr Jahren zugesprochen, ohne dass dies immer zu beweisen ist. Bei den Eichen im Tiergarten von Ivenack in Mecklenburg konnte das Alter von 800 bis 1200 Jahren durch das Auszählen der Jahresringe bestätigt werden. Um das Jahr 1900 zählte man im Tierpark von Ivenack elf alte Eichen, heute sind davon noch sechs vorhanden. Doch eine davon ist bereits zur Hälfte abgestorben. Diese Eichen sind nicht der Rest eines Urwalds, sondern einer von Menschenhand geschaffenen Pflanzung für die Schweinemast und die Fütterung des Wildes. Dafür hat man die Eichen stets freigeschlagen und gepflegt, damit sich ihre mächtigen Kronen entfalten und so die begehrten Eicheln liefern konnten.
Es gibt sogar Bäume, die Heiligen geweiht sind. Der hohle Stamm der tausendjährigen Edignalinde in Puch - einem Ortsteil des bayerischen Fürstenfeldbruck - diente einst der Seligen Edigna, Tochter des französischen Königs Heinrich I., als Heim und Kapelle, so wie es im Deckengemälde der später daneben erbauten Barockkirche dargestellt ist.
Es gäbe noch viele Beispiele dafür, dass alte Bäume Kulturdenkmale sein können. Das Kuratorium "Alte liebenswerte Bäume in Deutschland e. V." hat bisher mehr als 3.500 erfasst. Sein Vizepräsident Professor Dr. Hans Joachim Fröhlich hat allein 310 von ihnen in seinem sehr lesenswerten Buch "Alte liebenswerte Bäume in Deutschland" vorgestellt, aus dem die Bilder und die Textinformationen für diesen Beitrag entnommen sind.
Dazu kann man Kurt Tucholsky zitieren: "Ein alter Baum ist ein Stück Leben. Er beruhigt. Er erinnert. Er setzt das sinnlos heraufgeschraubte Tempo herab, mit dem man unter großem Geklapper am Ort bleibt. Und diese alten sollen dahingehen, sie, die nicht von heute auf morgen nachwachsen? Die man nicht nachliefern kann?" Und so brauchen sie unseren Schutz und unsere Hilfe, ebenso wie die Alleen, die wir vornehmlich noch in den östlichen Bundesländern bewundern können.
Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. Gottfried Kiesow
Literatur:
Hans Joachim Fröhlich: Alte liebenswerte Bäume in Deutschland. 2. erw. Auflage. Cornelia Ahlering Verlag, Hamburg 2000. ISBN 3-926600-05-5, 512 S., 50 Euro.
www.alte-baeume.de
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Sie spüren Kugelsternhaufen und Satellitengalaxien auf: Heutige Astronomen können Milliarden Lichtjahre weit ins All blicken. Vor 500 Jahren – das Fernrohr war noch nicht erfunden – sah unser Bild vom Himmel ganz anders aus.
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