Landschaften, Parks und Friedhöfe Herrscher, Künstler, Architekten Gärten Juni 2005

Fürst Pückler und der Muskauer Park

Das Welterbe eines Exzentrikers

Er gehörte zu den schillerndsten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts: Hermann Fürst von Pückler-Muskau, der seine Mitmenschen gern durch extravagante Kleidung und exzentrisches Verhalten überraschte. Gleichzeitig war er wohl der genialste Gartenarchitekt seiner Zeit. Eine seiner Schöpfungen, der Park im sächsischen Bad Muskau, wurde von der UNESCO im letzten Jahr mit der Aufnahme in die Liste des Welterbes geadelt.

Pückler-Muskau auf einer Lithographie von 1826 
© STIFTUNG FÜRST PÜCKLER MUSEUM BRANITZ
Pückler-Muskau auf einer Lithographie von 1826

Das ganze Städtchen fiebert nun dem 27. Mai 2005 entgegen, denn an diesem Tag übergeben Vertreter der UNESCO die Urkunden an die Stiftung "Fürst Pückler-Park Bad Muskau" und ihr polnisches Pendant.


Pückler war 1785 im Neuen Schloss von Muskau (Bild oben rechts) zur Welt gekommen. 1815 begann er damit, um das Renaissancegebäude herum beiderseits der Neiße einen Landschaftspark anzulegen, der heute 830 Hektar groß ist. Bevor er aber alle seine Ideen umsetzen konnte, ging ihm das Geld aus. Seine Frau Lucie ließ sich daraufhin selbstlos von ihm scheiden. Somit hatte er die Möglichkeit, eine reiche Partie zu machen, um sein Lebenswerk doch noch zu verwirklichen. Von 1826 bis 1829 ging er in England auf Brautschau, doch die Aristokratie war vorgewarnt. Aus einer Hochzeit wurde daher nichts, aber Pückler nutzte die Reise, um sich intensiv mit der Anlage englischer Landschaftsgärten zu beschäftigen. Sie wirkte sich auch ohne Heirat positiv auf seine Schatulle aus: Lucie, von ihm zärtlich "Schnucke" genannt, veröffentlichte 1830 zusammen mit Rahel und August Varnhagen von Ense seine Briefe, die er ihr aus England geschickt hatte. Die Gewinne aus dem Verkauf dieses Werkes mit dem eigenwilligen Titel "Briefe eines Verstorbenen", waren allerdings doch zu gering, um die kostspieligen Gartenträume des Fürsten erfüllen zu können. 1845 musste er Muskau verkaufen.

Eines der "Erinnerungsbilder" von Fürst Pücklers Englandreise 
© STIFTUNG FÜRST PÜCKLER PARK MUSKAU
Eines der "Erinnerungsbilder" von Fürst Pücklers Englandreise

Pücklers Reise zählt zu den intensivsten Begegnungen, die ein Deutscher im frühen 19. Jahrhundert mit England hatte. Er sammelte Karikaturen des englischen Königs Georg IV., Postkarten und vieles mehr und stellte damit vier großformatige "Erinnerungsbilder" zusammen.

Diese mehrere hundert Seiten umfassenden Materialsammlungen werden in der Ausstellung "Englandsouvenirs - Fürst Pücklers Reise 1826-1829" zu sehen sein, die am 30. April 2005 im Marstall, im Neuen Schloss und im Schlossgarten von Bad Muskau eröffnet wurde.
Das Neue Schloss war wenige Tage nach Ende des Zweiten Weltkriegs ausgebrannt. In den 1990er Jahren wurde es zusammen mit anderen Gebäuden im Park restauriert. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz beteiligte sich unter anderem an der Sanierung der Orangerie, in der heute Konzerte, Vorträge und Tagungen stattfinden.

Das Pücklersche Gesamtkunstwerk in Bad Muskau hatte Schaden genommen, als der Park infolge des Krieges durch die Grenzziehung zwischen Deutschland und Polen entlang der Neiße geteilt wurde. Doch seit 1988 gibt es Anstrengungen, die Schöpfungen Pücklers wiederherzustellen. 1993 wurde auf deutscher Seite die Stiftung "Fürst Pückler-Park Bad Muskau" gegründet. Sie hatte es sich zusammen mit den polnischen Denkmalpflegern zur Aufgabe gemacht, die Aufnahme des Parks in die Liste des Welterbes zu bewirken und ihn in seiner Gesamtheit wieder erlebbar zu machen. Beides ist gelungen: Im Herbst 2003 wurde eine Brücke über die Neiße eröffnet, auf der die Besucher seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union (am 1. Mai 2004) unter Vorlage ihres Personalausweises problemlos vom deutschen in den polnischen Teil des Pückler-Parks wechseln können.

Deutsch-Polnische Gartenverbindung über eine Doppelbrücke 
© STIFTUNG FÜRST PÜCKLER PARK MUSKAU
Deutsch-Polnische Gartenverbindung über eine Doppelbrücke

Abgesehen von den vielen Gartenanlagen, an denen Pücklers Ideen heute noch ablesbar sind, wurde der Autodidakt bei vielen Parkschöpfungen in Europa zu Rate gezogen. Eines der Projekte außerhalb Deutschlands war der ab 1854 von Napoleon III. geplante Bois de Boulogne in Paris. Abgesehen von Muskau hat er zwei weitere große Parks entworfen und ausführen lassen. Ab 1842 begann er, zusammen mit Peter Joseph Lenné den Sitz des preußischen Prinzen in Babelsberg (bei Potsdam) zu gestalten, der 1861 als Wilhelm I. König und zehn Jahre später Deutscher Kaiser wurde. Und als Pücklers Meisterwerk gilt der ab 1846 geplante Park von Branitz, der heute zur brandenburgischen Stadt Cottbus gehört.

Wie zuvor in Muskau wurden auch in Branitz - wieder nur mit Schaufel und Spaten - in der flachen Spreelandschaft mehrere hunderttausend Kubikmeter Erde bewegt. Für Seen, Teiche und Gräben wurde Wasser aus der Spree abgeleitet, wurden Hügel aufgeschüttet, zwei Pyramiden errichtet und elf Kilometer Wege angelegt. 1856/57 entstand die etwa zwölf Meter hohe Wasserpyramide auf einer Insel aus dem Aushub eines Sees, 1863 die gegenüberliegende Landpyramide. Auch wenn zum Typ des Landschaftsgartens Skulpturen und Kleinarchitekturen gehören, entwickelte der 72-jährige Pückler mit den beiden mächtigen Pyramiden ein individuelles Element für diese Kunstform.

In dieser Pyramide im Branitzer Schlosspark sind Pückler und seine Lucie begraben. 
© ROMAN MENSING
In dieser Pyramide im Branitzer Schlosspark sind Pückler und seine Lucie begraben.

Nachdem Pückler am 4. Februar 1871 verstorben und sein Leichnam seinem Wunsch gemäß chemisch zersetzt worden war, wurde er in der Wasserpyramide bestattet, wohin man später auch Lucies Sarg überführte.

Carola Nathan/Dr. Angela Pfotenhauer

Ausstellung:

"Englandsouvenirs - Fürst Pücklers Reise 1826-1829"

02953 Bad Muskau, Neues Schloss,
Tel. 035771/5 15 25.
Bis 30. Oktober 2005, täglich 10 bis 18 Uhr.

Ein Teil der Ausstellung
findet mit den gleichen Öffnungszeiten
ebenfalls bis zum 30. Oktober 2005
in Branitz statt.
03042 Cottbus-Branitz,
Schloss, Marstall,
Tel. 0355/7 51 50.

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