Landschaften, Parks und Friedhöfe Herrscher, Künstler, Architekten Gärten Juni 2005 M

Karl Foerster prägte die moderne Gartenkultur

Herr der blühenden Gärten

Am liebsten hätte Karl Foerster seiner neuen Züchtung, einer einfachblühenden Chrysantheme, den Namen "Hirsch tritt im Abendsonnenschein aus Waldrand vor" gegeben. Da das aber weder in den Katalog noch auf das Etikett passte, nannte er die meterhohe, rotgoldene Blütenmasse "Rotwild". Der Einsicht folgend schrieb er 1953: "Phantastik und Romantik muss im Katalog ja genügend gebändigt sein."

Karl Foerster (links) mit dem Gartenarchitekten Hermann Matern, Anfang der sechziger Jahre 
© B. MATERN-MALTUSCH
Karl Foerster (links) mit dem Gartenarchitekten Hermann Matern, Anfang der sechziger Jahre

Die Rede ist von jenem Karl Foerster (1874-1970), dem Gärtner und Züchter winterharter Blütenstauden, der mit seiner Arbeit die Gartenkultur des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat. Seine Bücher - wie "Der Steingarten der sieben Jahreszeiten", "Blauer Schatz der Gärten" und "Einzug der Gräser und Farne in die Gärten" - begeistern seit Jahrzehnten die Blumenfreunde. Auf jeder Gartenschau war und ist ein ´Foerster-Garten´ zu bewundern. Und nicht nur in Deutschland bekommen Gärtner und Gartenarchitekten leuchtende Augen, wenn sie den Namen Karl Foerster hören.

An einem klirrend kalten Januartag zu Besuch in Bornim bei Potsdam, in dem Garten und dem Haus, in dem Karl Foerster 60 Jahre lang gelebt und gearbeitet hat. Und selbst jetzt - ohne die für Foerster so charakteristische Blütenpracht - ist dieser Garten auf eine wundersame Weise schön: Am Frühlingsweg recken die ersten Schneeglöckchen, Krokusse und Adonisröschen ihre Köpfe aus der Erde. Bäume und Sträucher harmonieren in ihrer Unterschiedlichkeit. Im berühmten Senkgarten wechseln sich hohe Gräser mit reifbedecktem Salbei und anderen niedrigen Stauden ab. Auch in den Fenstern des Hauses, vor dem uns Foersters Tochter Marianne empfängt, blüht es schon.

Sommer in Foersters Gartenreich 
© ML PREISS
Sommer in Foersters Gartenreich

1910 hatte Karl Foerster seine Gärtnerei von Berlin-Westend nach Bornim verlegt. Die Gegend nördlich des Parks von Sanssouci, die sogenannte Bornimer Feldflur, gehört zu der von Peter Joseph Lenné verschönerten Landschaft um Potsdam. Auf dem Ackergelände "Am Raubfang" wird 1911 auch das Wohnhaus errichtet - "wohl von einem guten Baumeister, der von Hermann Muthesius beeinflusst war", wie die heutige Hausherrin meint. Gemeinsam mit Karl zogen sein Vater, der Mathematiker und Astronom Wilhelm Foerster, und seine Schwester Martha hier ein, die den beiden den Haushalt führte. Die Mutter, die Malerin Ina Foerster, war 1908 gestorben. Die Familie, in der Werte wie Gerechtigkeit, Menschlichkeit und gegenseitige Achtung von größter Bedeutung waren, hatte bisher auf dem Gelände der Berliner Sternwarte gewohnt, deren Direktor Wilhelm Foerster (1832-1921) über Jahrzehnte war.

Das Foerstersche Haus entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem Mekka der Gartenfreunde. Und für viele Menschen wurde der Hausherr zu einem wichtigen Freund. Es entstand ein "Bornimer Kreis", zu dem auch viele Persönlichkeiten der Zeit gehörten - allen voran der Pianist Wilhelm Kempff und der Architekt Otto Bartning. In den dicken Gästebüchern und in zahlreichen Briefen zeigt sich die hohe Wertschätzung, die dem Menschen Karl Foerster entgegengebracht wurde.

Senkgarten und Wohnhaus aus der Vogelperspektive 
© M. FOERSTER
Senkgarten und Wohnhaus aus der Vogelperspektive

Gemeinsam mit den Gartenarchitekten Hermann Mattern und Herta Hammerbacher übernahm er in den zwanziger Jahren Aufträge zur Gestaltung von Gärten und Parkanlagen, unter anderem am Gebäude der IG Farben in Frankfurt am Main und am Berliner Funkturm. Bornim wurde zu einem "Worpswede der Gartengestalter".

Doch Foersters eigentliche Arbeit war nicht die gartenarchitektonische Gestaltung, sondern die Zucht von winterharten Blütenstauden aus aller Welt. Etwa 370 Züchtungen, allen voran Rittersporn und Phlox, sind ihm im Laufe seiner Tätigkeit gelungen, von denen etwa ein Drittel noch heute im Handel sind. Es sollten "Gärten für intelligente Faule" entstehen, wie Karl Foerster es selbst nannte. Ziel der Züchtung war deshalb - neben der Schönheit der Blüten - den Pflegeaufwand so gering wie möglich zu halten. Die Stabilität und das Größenwachstum der Pflanzen wurde verbessert, die Anfälligkeit für Krankheiten und die Dürre- und Frostempfindlichkeit verringert.

Der Garten in Bornim diente dabei als Schau- und Versuchsgarten. Er war mit der anliegenden Gärtnerei verbunden, von der aus Stauden in alle Welt versandt wurden. Neben dem Steingarten und dem Frühlingsweg ist der sogenannte Senkgarten der bedeutendste Teil der Anlage. Ursprünglich vermutlich vom Berliner Gartenarchitekten Willy Lange beeinflusst, wurde er in den dreißiger Jahren von Hermann Mattern umgestaltet. Damals entstanden die kalksteinernen Trockenmauern, die die Bepflanzungsmöglichkeiten verbesserten. In den sechziger und achtziger Jahren erneuerte der Gartenarchitekt Hermann Göritz, der noch in der Arbeitsgemeinschaft Foerster-Mattern-Hammerbacher gearbeitet hatte, die baulichen Anlagen und die Bepflanzung, die er im Foersterschen Sinne zusammenstellte: Rittersporn, Phlox, Iris, Mohn und andere Blütenpflanzen ergeben mit Gräsern, bodendeckenden Stauden, Zwiebelgewächsen und Gehölzen ein Bild, das zu allen Jahreszeiten Harmonie und Schönheit ausstrahlt.

Blühende Pracht im sommerlichen Senkgarten 
© ML PREISS
Blühende Pracht im sommerlichen Senkgarten

Schwierige Zeiten müssen Familie und Gärtnerei - 1927 hat Karl Foerster die Sängerin und Pianistin Eva Hildebrandt geheiratet, Tochter Marianne wird 1931 geboren - überstehen: Während der Weltwirtschaftskrise bleiben die Kunden aus, und im Zweiten Weltkrieg muss man Kartoffeln und Gemüse anbauen. Doch bereits im August 1945 konnte Karl Foerster mit Genehmigung der Sowjetischen Militäradministration wieder einen "Züchtungs- und Forschungsbetrieb winterharter Blütenstauden" betreiben.

In der Folgezeit wurden ihm hohe Ehrungen zuteil: 1950 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität zu Berlin, 1955 den Nationalpreis, 1959 wurde er Ehrenbürger Potsdams und zu seinem 90. Geburtstag 1964 sogar Professor. 1965 gründete Hermann Mattern in Berlin zu Ehren von Karl Foerster eine Stiftung für angewandte Vegetationskunde, die noch immer besteht und die sich insbesondere der Nachwuchsförderung verschrieben hat.

Karl Foersters Arbeitszimmer 
© ML PREISS
Karl Foersters Arbeitszimmer

In den fünfziger und sechziger Jahren verfasste Foerster auch die meisten seiner heute noch begehrten Bücher - neben den bereits genannten Gartenbüchern auch Sammlungen von Plaudereien, Lebensbetrachtungen und aufmunternden Zurufen wie "Ferien vom Ach" und "Es wird durchgeblüht". Im November 1970 starb Karl Foerster 96jährig. Erwin Strittmatter schrieb in einem Brief: "Sein Werk ist so groß, dass niemand, der ihn liebte, ohne Trost bleiben wird."

1972 wurde die Gärtnerei enteignet, sie bestand jedoch als "Volkseigenes Gut Bornimer Staudenkulturen" fort. Wohnhaus und Garten, die im Besitz der Familie blieben, wurden 1981 als "Karl-Foerster-Gedenkstätte" unter Denkmalschutz gestellt. Heute steht der Garten allen interessierten Besuchern jederzeit offen.

Seit 1990 wird die Gärtnerei wieder als GmbH geführt. Karl Foersters Tochter Marianne, die nach der Gärtnerlehre bei ihrem Vater als Gartenarchitektin im Ausland tätig war, kehrte 1990 nach Bornim zurück. Seit dem Tod der Mutter im Jahr 1997 versucht sie, Garten und Haus mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten. Sorgsam bewahrt sie auch die Schriften und Aufzeichnungen des Vaters sowie die Bibliothek.

Im Winter prägen zahlreiche Gräser den Senkgarten. 
© ML PREISS
Im Winter prägen zahlreiche Gräser den Senkgarten.

Die Bundesgartenschau, die 2001 in Potsdam stattfand, eröffnete auch dem Foersterschen Anwesen neue Chancen. Aus Mitteln des Landwirtschaftsministeriums konnten der Senk- und der Steingarten instandgesetzt sowie der Herbstgarten rekonstruiert werden. Das Projekt leitete der Berliner Gartenarchitekt Martin Heisig - ebenfalls ein Foerster-Schüler. Der in seiner alten Form wiedererstandene Garten ist - neben dem 1937 angelegten und gleichfalls restaurierten Schau- und Sichtungsgarten Karl Foersters auf der Potsdamer Freundschaftsinsel - seit der Bundesgartenschau öffentlich zugänglich und ein großer Publikumsmagnet.

Doch ein Garten wie dieser ist ein Organismus, der ständiger fachkundiger Pflege bedarf. Die Stadt Potsdam stellte deshalb Marianne Foerster eine gärtnerische Fachkraft nebst Hilfskraft zur Seite, die sie bei der aufwendigen Pflege des großen Areals unterstützt. Und im Jahr 2001 wurde durch den Stifter Wolfgang Behr die Marianne Foerster-Stiftung gegründet, die von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz treuhänderisch verwaltet wird. Aus den Erträgen des Stiftungskapitals werden Pflege und Erhaltung des Anwesens gefördert. So konnten bisher Fenster und Fensterläden des Wohnhauses mit seinen charakteristischen asymmetrischen, von großer Formenvielfalt geprägten Fassaden restauriert werden. Einige Einrichtungen im Inneren, wo noch immer der Atem Karl Foersters zu spüren ist, wurden überarbeitet. Firmenspenden ermöglichten die Ausstattung des Senkgartens mit neuen Bänken, und eine große Zustiftung durch die Gesellschaft der Staudenfreunde e. V. half beim Erwerb von Pflanzgefäßen und Ersatzpflanzungen.

Helfen Sie uns bitte auch weiterhin, dieses bedeutende Stück europäischer Gartenkultur des 20. Jahrhunderts zu erhalten - damit es auf Dauer ein besonderer Anziehungspunkt für Gartenfreunde aus aller Welt bleiben kann!

Dr. Dorothee Reimann

Zum Weiterlesen:

Ein Garten der Erinnerung. Leben und Wirken von Karl Foerster, dem großen Garten-Poeten und Staudenzüchter. Hrsg.: Eva Foerster und Gerhard Rostin. 4., überarbeitete Auflage. L&H-Verlag, Hamburg 2001. (z. Zt. vergriffen, Neuauflage geplant).

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