Kleine und große Kirchen

Gemeindemitglieder retten die Urbanskirche in Schwäbisch Hall

Wie aus Maria Urban wurde

Das Schicksal der Urbanskirche in Schwäbisch Hall schien 2005 besiegelt: Aus wirtschaftlichen Gründen sollte das mittelalterliche Gotteshaus am Rande der Stadt geschlossen werden. Doch die Gemeindemitglieder wollten das nicht zulassen und gründeten den Freundeskreis Urbanskirche e. V. Dieser organisiert seitdem in enger Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirchengemeinde St. Michael und St. Katharina das gottesdienstliche Leben in der Urbanskirche und übernimmt die laufenden Kosten.

Der Hochaltar der Urbanskirche 
Schwäbisch Hall, Urbanskirche © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Der Hochaltar der Urbanskirche

1230 lässt Schenk Walter I. von Limpurg hier die "Kirche der heiligen Jungfrau unter dem Berg" erbauen, zunächst als Kapelle mit flachgedecktem Langhaus. Noch vor 1250 wird sie durch den Turm und den polygonalen Chor ergänzt. Um 1390 entsteht das hochgotische Chorgewölbe. Das Kirchenschiff wird ein paar Jahrzehnte später nach Norden hin verlängert und die südliche Seitenkapelle angefügt. Den markanten Fachwerkaufsatz bekommt der Turm aber erst 1698. 


Nach dem Verkauf der Limpurg und des zugehörigen Dorfes durch Schenk Erasmus an die Reichsstadt Hall im Jahr 1541 dient das Gotteshaus als Vorstadtkirche - als "ecclesia sub urbana". Irrtümlich leitete man daraus den heutigen Namen Urbanskirche ab, obwohl es sich eigentlich um eine Marienkirche handelt.


Die Reformation, die in Hall durch den Prediger Johannes Brenz schon wenige Jahre nach Luthers Thesenanschlag allmählich eingeführt und 1539 auch von den Limpurgern übernommen wird, hat hier nicht zur Bilderstürmerei geführt. Auch deshalb verfügt die Urbanskirche - trotz ihres eher dörflichen Charakters - bis heute über eine reiche Ausstattung aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Besonders bemerkenswert ist der Hochaltar mit der Darstellung von Christi Geburt, der um 1460 von einem möglicherweise in Antwerpen geschulten Bildhauer geschaffen wurde. Kanzel und Taufstein stammen ebenfalls aus dieser Zeit. Noch älter - vom Ende des 14. Jahrhunderts - ist ein Wandgemälde über dem Eingang zur Sakristei. Es zeigt Maria als Tempeljungfrau mit einem Spinnrocken in der Hand.

Neben Hochaltar, Kanzel, Wandmalerei, Gestühl und der Orgel von 1778 verfügt das reich ausgestattete Gotteshaus auch über eine Vielzahl von Steinepitaphen. 
Schwäbisch Hall, Urbanskirche © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Neben Hochaltar, Kanzel, Wandmalerei, Gestühl und der Orgel von 1778 verfügt das reich ausgestattete Gotteshaus auch über eine Vielzahl von Steinepitaphen.

Die Aktivitäten des Freundeskreises für das gottesdienstliche Leben bildeten nur den ersten Schritt zur Rettung der - neben St. Michael und St. Katharina - dritten mittelalterlichen Kirche Schwäbisch Halls. Ihre Sanierung war dringend notwendig, denn aufsteigende Feuchtigkeit hatte in den letzten Jahrzehnten zu großen Schäden geführt. In den vergangenen fünf Jahren konnten bereits die Arbeiten am Äußeren ausgeführt werden, jetzt beginnt man mit der Restaurierung im Inneren. Die Kirchengemeinde, der Freundeskreis und der unterstützend tätige Förderverein zur Erhaltung der mittelalterlichen Kirchen in Hall e. V. können aber die aufwendigen Maßnahmen finanziell nicht allein bewältigen. Deshalb kam Hilfe sowohl von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg und vom Kirchenbezirk Schwäbisch Hall als auch von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. 100.000 Euro stellte sie für die Restaurierung der Wandmalereien, des Wandputzes und des Hochaltars zur Verfügung.

Ziel ist es, die Urbanskirche, in der zur Zeit vierzehntägig Gottesdienste sowie kirchliche und kulturelle Veranstaltungen stattfinden, als besonderes Kleinod zu erhalten und zu restaurieren, so dass sie auch zu einer attraktiven Station auf einem Stadtrundgang durch die alte Salzsiederstadt am Kocher werden kann.

Dorothee Reimann

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