Kleine und große Kirchen

Die Berliner Marienkirche erhielt eine neue Farbfassung

Harmonie in Weiß und Grau

Wie auf einem Tablett präsentiert sich die gotische Marienkirche in der Nähe des Alexanderplatzes in Berlin. Der 1270/80 begonnene, freistehende Backsteinbau ist das Relikt einer Zeit, als die planmäßige Entwicklung der Doppelstadt Cölln und Berlin ihren Anfang nahm und im Norden die "Neustadt" gegründet wurde.

Die gotische Marienkirche ist eine der drei ältesten Sakralbauten der Hauptstadt. 
Berlin, Marienkirche © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Die gotische Marienkirche ist eine der drei ältesten Sakralbauten der Hauptstadt.

Inzwischen ist die Marienkirche, heute im Schatten des Fernsehturms, das einzige noch als Kirche genutzte mittelalterliche Bauwerk in Berlin-Mitte und aus dem Stadtbild nicht wegzudenken. Ihren originellen, 48 Meter aufragenden, schlanken Turmhelm verdankt sie dem Architekten des Brandenburger Tors, Carl Gotthard Langhans. Er verschmolz 1789/90, im Anklang an den Berliner Barock, einen zweigeschossigen kupferverkleideten Aufbau und eine offene Laterne mit neugotischen und exotischen Stilelementen.


Nachdem die Marienkirche in den vergangenen Jahren außen instand gesetzt worden war, wandten sich die Denkmalpfleger zuletzt dem Innenraum zu. Die Feuchte- und Salzschäden an Gewölben, Wänden und Glasfenstern wurden behoben. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz steuerte bisher rund 290.000 Euro bei. Neben ihr unterstützten der Bund, das Land, die Stiftung KiBa, das Landesdenkmalamt, die Landeskirche und der Kirchenkreis die umfangreichen Maßnahmen.

Mit dem krönenden Abschluss, der neuen Farbfassung, begannen die Restauratoren vor zwei Jahren. Dies war deshalb eine besondere Herausforderung, weil die Befunde lückenhaft sind und eine Rekonstruktion der originalen Gestaltung nicht möglich war. Inzwischen sind die letzten Gerüste gefallen und die Kirche zeigt sich licht und harmonisch. Angelehnt an die Ausführung des Malers und Restaurators Jochen Haß Ende der 1960er Jahre sind die Wände und Gewölbe weiß, die architektonischen Gliederungselemente wie Kapitelle, Konsolen und Rippen in unterschiedlich abgestuften Grautönen gehalten.

Der Restaurator Hans Burger bezog sich auf die Farbfassung von Jochen Haß aus dem Jahr 1969. 
Berlin, Marienkirche © ML Preiss, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Der Restaurator Hans Burger bezog sich auf die Farbfassung von Jochen Haß aus dem Jahr 1969.

Die Denkmalpfleger entschieden sich für diese "puristische" Lösung, weil die Marienkirche neben Altären und Schnitzfiguren aus dem Mittelalter eine Vielzahl wertvoller Kunstgegenstände und Ausstattungsstücke, darunter eine Alabasterkanzel von Andreas Schlüter und ein bronzenes Taufbecken aus dem 15. Jahrhundert besitzt. Ornamentale Farbgestaltungen hätten das Gotteshaus überladen. Darüber hinaus erbte die Gemeinde Schnitzfiguren sowie einen reichen Bestand an Tafelbildern und Gemälden aus der ehemaligen Franziskanerklosterkirche und der Nikolaikirche, die zusammen mit den Grabdenkmälern und Epitaphien einen unermesslich wertvollen Kunstschatz bilden. Ihn gilt es, in den nächsten Jahren unter anderem mit Unterstützung der in der Treuhandschaft der Deutschen Stiftung Denkmalschutz errichteten Stiftung Kirchliches Kulturerbe neuzuordnen.

Als sogenannte City-Kirche soll die Marienkirche künftig ein Zentrum der Andacht, des Verweilens und der Begegnung werden. Pfarrer und Gemeinde erfüllen schon jetzt vielfältige Aufgaben. So wird eine Suppenküche für Obdachlose unterhalten, und es werden Ausstellungen und Konzerte organisiert. Die Marienkirche ist die Bischofskirche der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Dieser zentrale Ort, an dem sehr viele Menschen zu Gottesdiensten zusammenkommen und sich Besucher von überallher umsehen, ist wie geschaffen für den Kunstschatz aus drei Berliner Kirchen. Eine der nächsten großen Aufgaben für die kommenden Jahre wird die Restaurierung und angemessene Neupräsentation des überregional bedeutenden Totentanzgemäldes in der Turmhalle der Marienkirche sein. Im Zusammenhang damit wird vom 16. bis zum 18. September 2011 ein internationales Symposium stattfinden.

Christiane Schillig

Weitere Infos im WWW:

www.marienkirche-berlin.de

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