Schlösser und Burgen

Schloss Friedenstein in Gotha

"Friede ernehret, Unfriede verzehret"

Über dem Portal von Schloss Friedenstein in Gotha umarmen sich Pax und Justitia. Die Inschrift "Friede ernehret - Unfriede verzehret" ist Programm. Man schreibt das Jahr 1643. Die Verhandlungen zum Ende des schrecklichen Krieges, den man später den Dreißigjährigen nennen wird, haben begonnen. Nach 25 Kriegsjahren ist das Land verwüstet, zahllose Truppendurchmärsche, Plünderungen, Hunger und Pest haben den Menschen zugesetzt.

Ernst der Fromme, Herzog von Sachsen-Gotha, hat 1641 die Regentschaft in Gotha übernommen. Er ist bestrebt, dem Land endlich wieder Stabilität zu geben. Bereits 1643 legt er den Grundstein für das Schloss. Groß muss es werden, soll es doch nicht nur der Repräsentation dienen, sondern gleichzeitig Behörden, Münzstätte, Zeughaus, Marstall, aber auch Bibliothek und Kunstsammlung beherbergen. In nur 15-jähriger Bauzeit entsteht hoch über der Stadt das einzige frühbarocke Schloss in Deutschland, mit dessen Bau während des Dreißigjährigen Krieges begonnen wurde.

Blick von Süden auf Schloss Friedenstein. Im linken Turm befindet sich das Ekhof-Theater. 
Gotha, Schloss Friedenstein © Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, Constantin Beyer
Blick von Süden auf Schloss Friedenstein. Im linken Turm befindet sich das Ekhof-Theater.

Schon 1647 wird eine Kunst- und Naturalienkammer eingerichtet. Daraus ist im Laufe der Jahrhunderte eine der bedeutendsten Sammlungen entstanden, die es an deutschen Fürstenhäusern gab. Heute finden sich in den vom 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert ausgestatteten Schlossräumen unter anderem Sammlungen von Plastiken und Gemälden verschiedener Epochen, die älteste gezielt zusammengetragene Ägyptensammlung Europas, das Münzkabinett und die Forschungsbibliothek mit 350.000 Bänden aus dem 16. bis 19. Jahrhundert sowie etwa 10.000 bedeutenden Handschriften. Außerdem präsentiert das 1683 im Westturm eingerichtete Ekhof-Theater noch seine funktionstüchtige historische Bühnentechnik.

Eine Parklandschaft wie um das Gothaer Schloss ist in Thüringen kein zweites Mal zu finden. In der Nachfolge früherer Anlagen ließ man ab 1747 nach einem Entwurf von Gottfried Heinrich Krohne den Orangeriegarten mit den zwei sich gegenüberliegenden Gebäuden anlegen. Und unter Herzog Ernst II. entstand ab 1769 auf dem Gelände südlich des Schlosses sowie anstelle der ehemaligen Wallanlagen einer der ersten englischen Gärten auf dem Kontinent.

Das Nordportal mit der Darstellung von Pax und Justicia 
Gotha, Schloss Friedenstein © Schlossverwaltung, Schloss Friedenstein
Das Nordportal mit der Darstellung von Pax und Justicia

Wegen fehlender kontinuierlicher Baupflege zeigten sich am Schloss Friedenstein schwere Schäden. Voraussetzung für die Sanierung, die 2004 mit der Übernahme des Schlosses durch die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten begonnen hat, war ein genaues Aufmaß, das durch die Erfassung der verschiedenen Verformungen auch die Grundlage für eine statische Bewertung des Bauwerks bildete. Die Maßnahmen werden seit 2004 von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz unterstützt. Sie stellte 257.000 Euro zur Verfügung, die zudem für die Sicherung des Dachstuhls über der Schlosskirche im Nordflügel verwendet wurden. Risse in der Decke bedrohten hier nicht nur die wertvollen Deckenmalereien, sie wiesen auch darauf hin, dass die 1687-97 entstandene Kirche in ihrem Bestand gefährdet war. Inzwischen sind diese Arbeiten - auch dank der Förderung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz - abgeschlossen.

Durch die 500.000 Euro, die Schloss Friedenstein als Gewinnerin der am 7. Mai 2006 ausgestrahlten MDR-Sendung "Ein Schloss wird gewinnen" von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz erhielt, wurde ein weiteres, nicht minder dringendes Projekt möglich: die Instandsetzung des südlichen Orangeriegebäudes. Während das nördliche Gebäude die Heinrich-Heine-Bibliothek beherbergt, stand das südliche seit den 1980er Jahren leer. Seine defekten Fenster und Fassaden zeigten schon von außen, dass hier dringender Handlungsbedarf bestand. Große Freude über den Gewinn herrschte deshalb bei allen, die sich dem Schloss verbunden fühlen. Und so wurde noch im Juni 2006 der Förderverein "Orangerie-Freunde" Gotha e. V. gegründet, der sich seitdem zusammen mit der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten um den Baufortschritt und um die Belebung der Anlage kümmert. Der Verein ruft auch immer wieder zu Spenden für die Orangerie auf.

Das restaurierte Lorbeerhaus der Gothaer Orangerie  
Gotha, Orangerie © Orangerie Freunde, 2010
Das restaurierte Lorbeerhaus der Gothaer Orangerie

Im Winter 2008/09 konnten die Kübelpflanzen des Orangerie-Parterres zum ersten Mal seit fast 100 Jahren wieder im fertig sanierten Westteil des nun Lorbeerhaus genannten südlichen Orangerie-Gebäudes überwintern. Im Sommer finden hier zahlreiche Veranstaltungen wie Lesungen und Konzerte statt.

Die Gothaer, die viele Jahre mit bangen Blicken durch die schönen Anlagen der Orangerie gewandelt sind, sind nun froh, das Gebäude wieder in ihren Besitz nehmen zu können. In der "Ora", wie das beliebte HO-Tanzcafé einst genannt wurde, wird nun zuweilen auch wieder Kaffee serviert und sogar zu Tanztees eingeladen. Und das Gothaer Barockfest - in diesem Jahr am 28. und 29. August - wird ebenso wie der Tag des offenen Denkmals am 12. September wieder Besucher in großer Zahl in Schloss, Park und Orangerie locken.

Dorothee Reimann

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