Öffentliche Bauten Historismus Oktober 2009

Das Zittauer Stadtbad ist restauriert

Im Fluss der Zeit

In Zittau bleiben die Dinge im Fluss: In diesem Monat hat die Stadt ihren Bürgern den frisch restaurierten und um einen Glas-Stahlbau erweiterten Badetempel am Töpferberg wieder für rundum entspannende Besuche zur Verfügung gestellt.

Das Zittauer Stadtbad wurde 1874 erstmals eröffnet. 
© R. Rossner
Das Zittauer Stadtbad wurde 1874 erstmals eröffnet.

Eigentlich gibt es im Freistaat Sachsen keine Förderung für den Bäder-Bau mehr. Aber in Zittau ging es nicht nur um die Rettung eines öffentlichen Bades aus der Gründerzeit, sondern darum, der Stadt ein Stück Geschichte wiederzugeben. Fast zehn Millionen Euro wurden ­insgesamt von Bund und Land, von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der von ihr treuhänderisch verwalteten Wilhelm Wobus-Stiftung in das bis 2002 genutzte historische Gemäuer investiert.


Das ehemals modernste Hallenschwimmbecken seiner Zeit, in dem schon 1874 Wellen durch ein Wasserrad erzeugt wurden, kann sich nun - mit der neuesten Technik ausgestattet und denkmalgerecht restauriert - außen und innen wieder sehen lassen. Das Wettkampfbecken wurde bereits im vergangenen Jahr eingeweiht.

Ab Oktober ist auch die Sauna- und Wellness-Landschaft geöffnet, die an das luxuriöse Interieur des 19. Jahrhunderts anknüpft. Denn ­neben getrennten Männer- und Frauenschwimmbecken und verschiedenen, der Hygiene dienenden Wannenbädern gab es damals ein irisch-römisches und ein russisches Dampfbad sowie Räume für Medizinal- und Moorbäder.

Das Baden befriedigte immer schon ein Urbedürfnis des Menschen, das weit über den Drang nach bloßer Reinigung hinausgeht. Römische Thermen waren gesellschaftliche Treffpunkte, wo Kontakte gepflegt und Geschäfte abgeschlossen wurden. Die Grundlage für eine solche Tradition ermöglichten in Zittau drei mineralhaltige Quellen am Töpferberg, deren Wasser über die Stadtgrenzen hinaus geschätzt wurden. Die Stadtväter schickten im 16. Jahrhundert das heilende Wasser in großen Eichenfässern bis nach Böhmen. In einem Haus gegenüber dem Quellwasser-Brunnen wurde 1753 ein Bad mit zwei Stuben und zwei Kammern als öffentliche Badestube eingerichtet. Im Laufe der Zeit modernisierte und erweiterte man es immer wieder. Doch 75.000 Gäste im Jahr waren schließlich zu viel. Schon aus Gründen der Hygiene musste neu gebaut werden.

Innen frisch und luftig: das Zittauer Stadtbad steht Wellness-Freunden wieder zur Verfügung. 
© R. Rossner
Innen frisch und luftig: das Zittauer Stadtbad steht Wellness-Freunden wieder zur Verfügung.

Um Anregungen für die anspruchsvolle Aufgabe zu bekommen, reiste Stadtbaumeister Erich Trummler 1871 im Auftrag des Zittauer Rates durch Deutschland und besichtigte neue Badeanstalten, darunter das Victoriabad und das Askanische Bad in Berlin, das Stadtbad in Hannover und die Badeanstalt Lossier in Magdeburg. Mit seinem Entwurf wagte er ein kühnes Experiment: Er bezog in das Gebäude den sogenannten Speyviel, einen mittelalterlichen Turm der Stadtmauer, ein. Diese damals eher ungewöhnliche Vorgehensweise, Altes in Neues zu integrieren statt abzureißen, wurde jetzt mit dem gläsernen Anbau an das neoklassizistische Bad weitergeführt. So können die Besucher die verschiedenen Epochen in der Geschichte des Zittauer Stadt­bades hautnah erleben. Jedoch sind die Übergänge der Zeitschichten nicht hart, sondern - einer Wohlfühl-Oase entsprechend - harmonisch und fließend.

Christiane Schillig

Weitere Infos im WWW:

www.stadtbad-zittau.de

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren

  • Von Seekisten und Seeleuten 08.11.2012 Seekisten Was auf der hohen Kante lag

    Was auf der hohen Kante lag

    In den alten Zeiten der Frachtsegler musste die gesamte Habe des Seemanns in eine hölzerne Kiste passen. Manchmal liebevoll bemalt, war sie das einzige persönliche Stück, das ihn auf seinen Reisen über die Weltmeere begleitete.

  • Mittelalterliche Wandmalereien in Behrenhoff 16.01.2018 Die Hölle Vorpommerns Die Hölle Vorpommerns

    Die Hölle Vorpommerns

    In der Dorfkirche von Behrenhoff haben sich eindrucksvolle Darstellungen des Fegefeuers erhalten.

  • Zum 10. Todestag von Ulrich Müther 04.07.2017 Ulrich Müther Hyparschalen

    Hyparschalen

    Sie sind nur wenige Zentimeter dünn und überspannen dennoch große Hallen. Stützenfrei. Sie sind ingenieurtechnische Meisterleistungen und begeistern durch ihre kühnen Formen.

Service

Monumente Probeheft

Probeheft jetzt anfordern!


Zeitschrift abonnieren
Magazin für Denkmalkultur in Deutschland



Möchten Sie ausführlicher über aktuelle Themen aus der deutschen Denkmallandschaft lesen? 


Dann abonnieren Sie Monumente!  


 
 
Monumente Probeheft

Probeheft jetzt anfordern!


1
Zeitschrift abonnieren
Magazin für Denkmalkultur in Deutschland
2
Monumente Abo



Möchten Sie ausführlicher über aktuelle Themen aus der deutschen Denkmallandschaft lesen? 


Dann abonnieren Sie Monumente!  


3

Newsletter

Lassen Sie sich per E-Mail informieren,

wenn eine neue Ausgabe von Monumente

Online erscheint.

Spenden für Denkmale

Auch kleinste Beträge zählen!

 
 
 
 
0 Kommentare

0 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar!

Antwort auf:  Direkt auf das Thema antworten

 
 

© 2023 Deutsche Stiftung Denkmalschutz • Monumente Online • Schlegelstraße 1 • 53113 Bonn