Landschaften, Parks und Friedhöfe

Die Gemeinschaftsstiftung Historische Gärten

Verwilderte Schönheit

Wenn ein Franzose vom Garten Eden liest", schrieb Horace Walpole 1770, "so nimmt er ohne Zweifel an, es sei etwas in der Art wie Versailles gewesen, mit beschnittenen Hecken, Laubengängen und Lattenwerk". Der Schriftsteller war einer der geistigen Wegbereiter Englischer Landschaftsgärten, die die strenge Formensprache barocker Schlossparks als Ausdruck absolutistischer Willkürherrschaft ablehnten.

Der Park in Hoppenrade wurde in seiner Blütezeit Mitte des 19. Jahrhunderts Perle der Prignitz genannt. Er zählt auch wegen seines alten Baumbestandes zu den bedeutendsten Gärten Brandenburgs.  
© ML Preiss
Der Park in Hoppenrade wurde in seiner Blütezeit Mitte des 19. Jahrhunderts Perle der Prignitz genannt. Er zählt auch wegen seines alten Baumbestandes zu den bedeutendsten Gärten Brandenburgs.

Walpole und andere Vertreter der Aufklärung wie Alexander Pope, Richard Boyle und Anthony Ashley Cooper plädierten in ihren Schriften für ein neues Naturgefühl und ließen eigene Parks zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Landschaftsgärten umgestalten: Anstelle von gestutzten Bäumen entstanden schattenspendende Baumgruppen, statt gezirkelter Blumenbeete weite Wiesenflächen und anstelle von schnurgeraden Wasserläufen mäandernde Bäche. Die Gärten wirken wie Gemälde, geschaffen aus Elementen der Natur.


Walpole nahm an, dass die "little princes" in Deutschland keine Kosten und Mühen scheuen würden, die fortschrittlichen Ideen aus England umzusetzen - und er sollte recht behalten. Einer der ersten war Fürst Franz von Anhalt-Dessau, der den neuen Stil bei einer Reise nach England kennen- und lieben gelernt hatte und im Wörlitzer Park ab 1764 realisierte. Es folgten Karl Eugen von Württemberg mit dem Schlosspark in Hohenheim bei Stuttgart und der hessische Erbprinz Wilhelm mit den Kur- und Badeanlagen in Wilhelmsbad bei Hanau - um nur einige zu nennen. Als Gestalter machten sich Friedrich Ludwig von Sckell, Peter Joseph Lenné und Fürst Hermann von Pückler-Muskau einen Namen.

Die philosophischen und gestalterischen Ideale aus England wurden von den "kleinen Prinzen" mit eigenen Noten umgesetzt. Vor allem die Staffagebauten hatten es ihnen angetan, was ihnen in der literarischen Welt auch Hohn einbrachte.

So spöttelte Johann Wolfgang Goethe 1777 in seiner Satire "Triumph der Empfindsamkeit": "Denn notabene! in einem Park
Muß alles Ideal sein,
Und salva venia jeden Quark
Wickeln wir in eine schöne Schal' ein,
So verstecken wir zum Exempel
Einen Schweinstall hinter einem Tempel;
Und wieder ein Stall, versteht mich schon,
Wird geradewegs ein Pantheon".

Diese kritischen Worte konnten jedoch nicht verhindern, dass jeder Landadelige, der etwas auf sich hielt, einen "Englischen Garten" anlegte. So auch die von Freyers, die ihren Park in Hoppenrade ab 1847 umgestalten und ebenfalls einige Staffagebauten errichten ließen. Der preußische Amtmann Dr. med. Johann Paul Freyer hatte dieses Gut in der Prignitz 1795 übernommen und den kleinen Haus- und Küchengarten zunächst zu einer vier Hektar großen Parkanlage erweitert. Ein wichtiges Gestaltungselement war damals schon der Cederbach, der sich durch das Gelände schlängelt.



Von der Gemeinschaftsstiftung Historische Gärten wird der Gail’sche Park im hessischen Rodheim profitieren.  
© ML Preiss
Von der Gemeinschaftsstiftung Historische Gärten wird der Gail’sche Park im hessischen Rodheim profitieren.

Nachdem die Familie 1840 wegen ihrer "Verdienste um die einheimische Kultur" geadelt worden war, sollte der Familienstammsitz angemessen verschönert und erweitert werden. Für die Arbeiten im Park konnte ein Schüler Peter Joseph Lennés gewonnen werden: der königliche Gartengeselle Eduard Neide (1818-1883).

Neide, der 1862 Berliner Tiergartendirektor werden sollte, verstand es vorzüglich, die vorhandenen Elemente des Parks - neben dem Cederbach Schwanen- und Karpfenteich sowie zwei Hügel - in seine Gestaltung einzubeziehen. Es gelang ihm außerdem, die Wirtschaftsanlagen des Gutes vom Park zu trennen. Er legte die Wege so an, dass die Spaziergänger in großen weiten Schwüngen durch den Park geführt wurden, und auf den Anhöhen schuf er lauschige Ruheplätze, die malerische Ausblicke auf Gewässer, Holzbrücken und Ziergitter, sonnige Wiesenflächen und Baumgruppen mit Tanne, Thuja und Taxus boten.

"Schon in seinen ersten Arbeiten bekundete Eduard Neide (...) das Bestreben, die lokalen Verhältnisse zu erfassen und zu beherrschen (...). Die Idee ist nicht neu, aber es hat wohl selten Jemand dieselbe so originell anzuwenden und zu verwerthen verstanden, wie gerade er", schrieb der "Königliche Thiergarten-Obergärtner in Berlin" Hermann Geitner 1884. Obwohl Teile des Parks in Hoppenrade zu Beginn des 20. Jahrhunderts erweitert wurden und die Anlage insgesamt durch die landwirtschaftliche Nutzung nach der Bodenreform schwer gelitten hat, kann man die hohe Kunst Neides bis heute nachempfinden.

Daher hat sich auch die Gemeinschaftsstiftung Historische Gärten entschlossen, Mittel für die Wiederherstellung dieses immer noch prächtigen und für die Region so wichtigen Parks bereitzustellen. Die Stiftung wurde 2001 von mehreren Einzelspendern in der Obhut der Deutschen Stiftung Denkmalschutz errichtet und seither durch viele Zustiftungen aufgestockt. Die jährlichen Erträge werden zur Restaurierung und Pflege ausgewählter Park- und Gartenanlagen eingesetzt.

Die Gemeinschaftsstiftung wird außerdem die Sanierung von Parkbänken auf der Gröditzer Schanze unterstützen.  
© Beat von Zenker
Die Gemeinschaftsstiftung wird außerdem die Sanierung von Parkbänken auf der Gröditzer Schanze unterstützen.

Die Förderbeiträge, die die Gemeinschaftsstiftung vergibt, sind mit einer Höhe von 2.000 bis 5.000 Euro recht niedrig gehalten, um möglichst vielen Gartendenkmalen helfen zu können. Der Förderverein Landschaftspark Hoppenrade e. V., dem auch Nachfahren der Familie von Freier - so schreibt sie sich heute - angehören, möchte seinem Ziel mit den Mitteln aus der Gemeinschafsstiftung ein Stück näherkommen: den Park in seiner ganzen Schönheit wieder erlebbar zu machen. Auf Hilfe durch die Gemeinschaftsstiftung Historische Gärten hoffen auch die Fördervereine der Landschaftsparks im sächsischen Gröditz und im hessischen Biebertal-Rodheim. Beat von Zenker, Vorsitzender des Fördervereins Pro Gröditz e. V., hat das Rittergut seiner Vorfahren 2006 gekauft, um es als Einheit zu erhalten und wiederzubeleben. Es besteht aus einem 1738 errichteten Herrenhaus und einem weitläufigen Park, zu dem auch die Gröditzer Schanze, eine rund 1.000 Jahre alte slawische Befestigungsanlage gehört. Sie ist vollkommen verwildert, und die einst spektakulären Ausblicke auf das Oberlausitzer Bergland sind zugewachsen. Der Förderverein möchte die Mittel zur Sanierung von fünf historischen Parkbänken einsetzen, die auf der Gröditzer Schanze zum Verweilen einluden.

Die Bogenbrücke im Gail’schen Park muss erneuert werden.  
© ML Preiss
Die Bogenbrücke im Gail’schen Park muss erneuert werden.

Der Förderbetrag, den der Freundeskreis Gail'scher Park in Biebertal-Rodheim bei der Gemeinschaftsstiftung Historische Gärten beantragt hat, soll ebenfalls für ein Ausstattungsstück verwendet werden: für die Rekonstruktion einer Holzbrücke, über die man wieder sicher auf die hübsche Teichinsel gelangen kann. Die wiederum nach den Prinzipien Englischer Landschaftsparks im 19. Jahrhundert gestaltete Anlage war viele Jahrzehnte lang - hinter einer zwei Meter hohen Natursteinmauer verborgen - von den Bürgern Rodheims gar nicht mehr wahrgenommen worden. Mitglieder des Freundeskreises haben schon viel Zeit investiert, um die einzelnen Elemente wieder hervorzuheben und den Park der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Gemeinschaftsstiftung Historische Gärten vergibt ihre Mittel aber nicht nur für Arbeiten in Landschaftsparks. Sie werden auch für die Gestaltung von städtischen Vorgärten nach historischen Vorbildern eingesetzt, wie in der Potsdamer Clara-Zetkin- und der Breite Straße. Bei der Stiftung ist außerdem ein Antrag der Herrnhuter Brüdergemeine eingegangen, die sich Sorgen um ihren Gottesacker auf dem Hutberg macht. Er zählt zu den außergewöhnlichen Begräbnisstätten in Deutschland und war Vorbild für die anderen Friedhöfe der Brüdergemeine, die in der ganzen Welt zu Hause ist.

Die Mittel der Gemeinschaftsstiftung sollen auch für den Gottesacker in Herrnhut eingesetzt werden.  
© ML Preiss
Die Mittel der Gemeinschaftsstiftung sollen auch für den Gottesacker in Herrnhut eingesetzt werden.

Um eine größere Zahl von Förderwünschen erfüllen zu können, die für viele weitere Gärten und Parks eingegangen sind, benötigt die Gemeinschaftsstiftung Ihre Unterstützung. Anders als die englischen Aufklärer lehnt sie übrigens barocke Parks nicht ab. Sie möchte vielmehr dazu beitragen, dass Gärten aller Stilrichtungen und aus allen Epochen bewahrt werden und zu ihrer Schönheit zurückfinden.

Carola Nathan

Literaturtipp:
Die Besprechung einer Publikation über die Schloss- und Gutsanlagen in Brandenburg lesen Sie in der Rubrik Bücher

Info:
Weitere Informationen zum Thema Gemeinschaftsstiftung Historische Gärten und Hinweise zur Errichtung von Stiftungen - auch für die hier vorgestellten Objekte - erhalten Sie bei: Dr. Steffen Skudelny, Tel. 0228/3 90 63-985 und -984.


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