Wohnhäuser und Siedlungen Archäologie Dezember 2006

In Reichwalde wurde die Urzeit ausgegraben

Die Welt vor 14.000 Jahren

Die Jäger, die am Ende der letzten Eiszeit - also vor rund 14.000 Jahren - im heutigen Sachsen lebten, mussten feststellen, dass sich ihr Lebensraum nach und nach veränderte. Wegen der gemäßigteren Temperaturen konnten damals nämlich die ersten Wälder entstehen, in denen sich Rehwild, Vögel und Nagetiere ansiedelten.

Sachsen mit Landesmuseum für Vorgeschichte Die späteiszeitlichen Bäume werden behutsam ausgegraben und präpariert.  
© Landesamt für Archäologie Sachsen mit Landesmuseum für Vorgeschichte
Sachsen mit Landesmuseum für Vorgeschichte Die späteiszeitlichen Bäume werden behutsam ausgegraben und präpariert.

Die Speerschleudern, die den Jägern in den offenen Tundren seit Jahrtausenden gute Dienste bei den Treibjagden von Mammuts oder Rentierherden geleistet hatten, wurden nun unbrauchbar. Doch die Steinzeitjäger passten sich der neuen Situation schnell an: Sie nutzten die Büsche und Bäume, um sich an das Wild heranzupirschen, und entwickelten Pfeil und Bogen, mit denen sie ihre Beute nun auch aus nächster Nähe erlegen konnten. Einen solchen Birken- und Kiefernwald haben Mitarbeiter des sächsischen Landesamtes für Archäologie am Rande des Braunkohletagebaus bei Reichwalde freigelegt. Die Wissenschaftler haben noch nicht herausgefunden, warum dieser Wald vor 13.500 Jahren in einem See versank. Vielleicht lag es am feuchten Klima, vielleicht haben umgestürzte Bäume aber auch einen Fluss gestaut. Jedenfalls entstand aus dem See schließlich ein großes Moor, das die Bäume, den Waldboden und vieles mehr sehr gut konservierte. 600 zehn- bis zwanzig Meter lange Baumstämme haben die Archäologen bei Reichwalde ergraben. Wenn man bedenkt, dass es weltweit bislang nur 40 Holzstückchen aus dieser Zeit gab, ist dies schon eine Sensation.



Man fand aber außerdem Lager von Jägern und Sammlern der Federmessergruppen aus dem 14./13. Jahrtausend v. Chr., Tausende Feuersteinsplitter und eine 1,5 Hektar große Siedlung der Lausitzer Kultur aus dem 13./12. Jahrhundert v. Chr. Den Wissenschaftlern wird es nun zum ersten Mal möglich sein, die Wirtschaftsweise und Ernährungsgrundlage der Menschen vor rund 14.000 Jahren zu entschlüsseln. Neben den Archäologen beschäftigen sich inzwischen auch Geologen, Dendrologen und Botaniker mit den Grabungsfunden, um das Klima, die Fauna und die Flora während des Übergangs von der Eis- zur Warmzeit zu analysieren. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützte die Erarbeitung, Auswertung und Interpretation der Funde mit rund 75.000 Euro. Die Grabung wurde außerdem vom Land Sachsen, der Bundesanstalt für Arbeit und der Lausitzer Braunkohle Aktiengesellschaft (LAUBAG) finanziert. Ein Teil der konservierten Bäume soll künftig zusammen mit anderen Funden aus Reichwalde in einer ständigen Ausstellung präsentiert werden. Ein geeigneter Ort ist bereits gefunden: Kürzlich beschloss die Sächsische Staatsregierung, in dem 1930 nach Plänen Erich Mendelsohns errichteten Chemnitzer Kaufhaus Schocken ein "Haus der Archäologie" einzurichten.

Carola Nathan

Weitere Infos im WWW:

www.archsax.sachsen.de

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