Dezember 2006

Archäologiemuseum im Lübecker Beichthaus

Der Schwarze Tod als Bauherr

Selbst alteingesessenen Lübeckern ist bis jetzt oftmals verborgen geblieben, dass in ihrer Stadt eine der bedeutendsten mittelalterlichen Klosteranlagen Norddeutschlands steht. Dabei handelt es sich um eine weitläufige Anlage, die im 13. Jahrhundert im Norden der Altstadt aus Dankbarkeit über die erfolgreiche Schlacht gegen die Dänen 1227 bei Bornhöved errichtet wurde. Lange Jahre des Verfalls sind nun Vergangenheit, heute kann man nach einer grundlegenden Sanierung des Burgklosters in den siebziger und achtziger Jahren den von Dominikanermönchen 300 Jahre lang genutzten Kreuzgang, den Kapitelsaal, die Sakristei und die Refektorien besichtigen. Das ist angesichts der bewegten Geschichte keineswegs selbstverständlich. Denn nach der Reformation wurde das Kloster zunächst in ein Armenhaus umgewandelt.

Saniert und sinnvoll genutzt: das Beichthaus  
© Architekturbüro Thomas Schröder-Berkentien, Lübeck
Saniert und sinnvoll genutzt: das Beichthaus

Im 19. Jahrhundert errichtete man anstelle der Kirche ein Schulgebäude. Schließlich wurde ab 1893 vor Sakristei und Winterrefektorium ein neugotisches Gerichtsgebäude mit Untersuchungsgefängnis und Gerichtssälen gesetzt. Das ehemalige Gericht und das Gefängnis können heute neben den wechselnden Ausstellungen besichtigt werden. Außerdem stellt das Kulturforum zeitgenössische Kunst im Gebäude aus. Einem ganz anderem Thema widmet sich die hochinteressante Dauerausstellung im Keller: Hier wird der 1984 bei Baggerarbeiten entdeckte große Lübecker Goldschatz aus dem 16. Jahrhundert präsentiert.

Seit letztem Jahr ist dies aber nicht das einzige Angebot, das archäologisch interessierte Besucher des Burgklosters nutzen können: Das lang ersehnte Museum für mittelalterliche Archäologie hat im Juli 2005 seine Pforten geöffnet. Lübeck ist eine der archäologisch am besten erforschten Städte Europas. So lag es auf der Hand, dass die Ergebnisse der Grabungen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten. Es bot sich das frei stehende Beichthaus im Lübecker Burgkloster als passende Heimstätte des neuen Museums an, stammen doch die spannendsten Fundstücke der Stadtgeschichte wie das Gebäude selbst aus dem Mittelalter - oft gefunden in den vielen Kloaken auf dem Stadthügel der heutigen Altstadt.

Ausstellungsräume im Museum für Archäologie Lübeck 
© Museum für Archäologie Lübeck
Ausstellungsräume im Museum für Archäologie Lübeck

Auf drei Ebenen mit insgesamt 750 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden rund 3.000 Exponate gezeigt. Dabei handelt es sich - im reizvollen Gegensatz zum Goldschatz des Burgklosters - zum Großteil nicht um spektakuläre Ausnahmefunde, sondern um die Hinterlassenschaften des ganz normalen Lübecker Alltags vergangener Zeiten. Man möchte zeigen, wie hier zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert gelebt wurde. Oder auch gespielt: Mittelalterliche Babypuppen aus Holz zeigen die Unvergänglichkeit von Spielzeug.

Mit großer Sorgfalt wurde das Beichthaus in den Jahren 2002/03 saniert und für den Ausstellungsbetrieb hergerichtet.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat nicht nur über Jahre die archäologischen Arbeiten in der Stadt finanziell unterstützt, sondern auch die Restaurierung des Klosternebengebäudes maßgeblich gefördert.

Eingang zum Museum durch das Burgkloster (rechts)  
© Architekturbüro Thomas Schröder-Berkentien, Lübeck
Eingang zum Museum durch das Burgkloster (rechts)

Das Beichthaus, ein fünfjochiger Flügelbau, der 1367 erstmals erwähnt wird, wurde kurz nach der großen Pest von 1350 erbaut. Die Furcht vor dem "Schwarzen Tod" gab den Dominikanern als Beichtvätern so viel zu tun, dass sie für die massenhafte Erteilung der Absolution ein eigenes Haus errichten mussten und dafür das reichlich fließende Spendengeld der gepeinigten Sünder verwenden konnten.

Es war nach Norden zur Klausur hin abgeschlossen, durch seine großen Fenster zur Stadt hin, durch die die Mönche den Lübeckern die Beichte abnehmen konnten, jedoch geöffnet.

Hinter der Tür verbirgt sich das Museumscafé 
© Architekturbüro Thomas Schröder-Berkentien, Lübeck
Hinter der Tür verbirgt sich das Museumscafé

Nach der Reformation wurde das Gebäude für unterschiedliche Zwecke gebraucht, zuletzt als Turnhalle und Atelier - nicht unbedingt zum Wohle des Gebäudes. Mit dem Archäologiemuseum erhält das Lübecker Beichthaus eine angemessene Nutzung, und die Lübecker Mittelalter-Forscher haben sich einen lang gehegten Traum erfüllen können: Ihre Arbeit wird endlich in einem passenden Rahmen präsentiert.

Beatrice Härig

Weitere Informationen

Museum für Archäologie im Kulturforum Burgkloster
Hinter der Burg 2-6
23552 Lübeck
Tel. 0451/1 22-71 50

Öffnungszeiten: Di-So 10 bis 17 Uhr, Sa u. So 11 bis 17 Uhr.

Im barock umgestalteten Westteil des Beichthauses befindet sich ein Café.

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