Kleine und große Kirchen April 2005

St. Peter und Paul in Weimar

Bach, Goethe, Herder

Als Johann Gottfried Herder 1770 nach Straßburg kommt, um dort seine Augenfistel von dem berühmten Professor Lobstein behandeln zu lassen, lernt er im Gasthaus "Zum Geist" den fünf Jahre jüngeren Johann Wolfgang von Goethe kennen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine lebenslange Freundschaft.

Blick auf die reiche Ausstattung von St. Peter und Paul 
© ML Preiss
Blick auf die reiche Ausstattung von St. Peter und Paul

Es ist dann später auch Goethe, der veranlasst, dass Herder mit seiner Familie von Bückeburg nach Weimar übersiedelt, wo dieser 1776 das Amt des herzoglich-sächsischen Generalsuperintendenten und Oberpfarrers der Evangelischen Stadtkirche St. Peter und Paul antritt. Johann Gottfried Herder wird dort "rechter Hand, 3 Fuß vor dem Taufsteine" nach seinem Tod 1803 beigesetzt. Im Volksmund trägt die Kirche heute seinen Namen.

Ritter des Deutschen Ordens ließen die dreischiffige Hallenkirche in den Jahren 1488 bis 1500 errichten, wobei sie den Turm eines Vorgängerbaus mit einbezogen. Ende des 16. Jahrhunderts wurde am Chor eine Sakristei angebaut. 1735 erteilte Herzog Ernst August von Weimar den "gnädigsten Befehl", die Kirche unter der Leitung seines Oberhof- und Landbaumeisters Johann Adolf Richter restaurieren zu lassen. Die schadhaften Gewölbe wurden damals erneuert, Fensteröffnungen, Portale und andere Details im Stil der Zeit verändert.

Nach einem schweren Bombenangriff auf Weimar am 9. Februar 1945 stürzte das Dach der Herderkirche ein. Dass bereits vier Jahre später mit dem Wiederaufbau begonnen werden konnte, ist auch Thomas Mann zu verdanken. Er hatte das Preisgeld, das er 1949 in Weimar zusammen mit dem Goethe-Preis in Empfang nahm, kurzerhand für die Herderkirche gespendet. 1953 wurde sie wieder geweiht. Allerdings konnte man erst zwanzig Jahre später mit der Restaurierung des Kirchenraumes beginnen, der in der Fassung des 18. Jahrhunderts wiederhergestellt wurde.

Lucas Cranach der Jüngere schuf diesen Altar. 
© ML Preiss
Lucas Cranach der Jüngere schuf diesen Altar.

Die Stadtkirche St. Peter und Paul war in den Jahren 1554 bis 1658 und 1774 bis 1807 die Grabstätte der Herzöge von Weimar. Daher gibt es vor allem im Chor einige besonders prächtige Epitaphien und Grabplatten. 1859 wurde die steinerne Grabplatte für Lucas Cranach d. Ä. vom Jakobsfriedhof in die Stadtkirche überführt. Der am 16. Oktober 1553 in Weimar gestorbene Künstler begann kurz vor seinem Tod mit den Arbeiten an einem Flügelaltar, der von seinem Sohn Lucas vollendet wurde und bis heute St. Peter und Paul schmückt.

In einer Kapelle ist auch der Taufstein erhalten, über dem einst vier Kinder von Johann Sebastian Bach getauft wurden. Der Komponist wirkte 1703 und von 1708 bis 1717 in der Weimarer Schlosskirche. Die Orgel von St. Peter und Paul, auf der er vermutlich ab und zu musizierte, ist jedoch nicht erhalten. Der Prospekt des Instrumentes, auf dem heute sehr oft seine Werke erklingen, wurde 1825 geschaffen.

Auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz half bei der Sanierung. 
© ML Preiss
Auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz half bei der Sanierung.

Die Schäden am Mauerwerk der Herderkirche St. Peter und Paul hatten in den 1990-er Jahren stark zugenommen. Daher mussten die ausgewaschenen Mauern und Stützpfeiler repariert, die verwitterten Sandsteine der Fenster- und Türgewände teilweise ergänzt werden.

Nicht zuletzt dank zweckgebundener Spenden engagierter Freunde der Herderkirche konnte sich die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 1999 und 2000 an der Sanierung der Fassade mit insgesamt 490.000 Mark beteiligen. Mittel kamen auch vom Zweiten Deutschen Fernsehen und der Deutschen Phono-Akademie, die einen Teil des Erlöses aus der Gala "Echo der Stars" bereitstellten. Nun empfängt die Stadtkirche ihre Besucher in Grau und Elfenbein und damit in einer Farbfassung, wie sie bereits für das Jahr 1850 nachgewiesen ist.

Carola Nathan


Die auch Herderkirche genannte Kirche St. Peter und Paul liegt im Herzen der Altstadt von Weimar.

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